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— f)as Sonnensystem. —
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wollte' 1651 in seinem „Almagestum novum“ an diesem Systeme mit der Aus
nahme festhalten, dass er auch Mars an die Sonne abtrat. — e. Die reformierte
Kirche betrachtete die vulgäre Sprache der Bibel auch in astronomischen
Dingen als massgebend und glaubte so in den Bibelstellen: ,,Josua 10. Und
Sonne und Mond standen stille ...; Psalm 03. Nun ist der Erdboden stark
befestiget, er wird nicht entwegt werden ...: Jesus Sir ach 40. Ist nicht um
seinetwillen die Sonne stille gestanden etc.“ Zeugnisse gegen das Copperni-
canische System zu besitzen. — f. Immerhin kam es dabei auf den momentan
wehenden Wind an: Während z. B. zu Zürich noch im Anfänge des 18. Jahr
hunderts der berühmte Job. Jak. Scheuchzer als Coppernicaner angefeindet
wurde, nahm man früher keinen Anstand, das von seinem Amtsvorgänger Johannes
v. Muralt (Zürich 1G45 — ebenda 1733; Prof. math. et phys. und Stadtarzt)
verfasste „Scienti® naturalis Compendium. Tiguri 1G94 in 12.“ als Schulbuch
einzuführen, obschon darin (p. 32) das heliocentrische System gelehrt wurde. —
Charakteristisch ist, *wie lange noch Schriften wie „Peter Megerlin (Kempten
1023 — Basel 1G8G; Prof. math. Basel), Systema mundi Copernicanum argu-
raentis invictis demonstratum et conciliatum Theologiae. Amstelodami 1G82
in 12., — Fr. Bernd, Beweis dass das Systema Copernici der heil. Schrift nicht
zu nahe trete. Magdeburg 1742 in 4., — etc.“ für opportun gehalten wurden.
— g. Der zuweilen als Opfer seiner Anhänglichkeit an das Coppernicanische
System bezeichnete Filippo (als Noviz Giordano benannte) Bruno (Nola in Cam-
panien 1550 — Rom 1G00, wo er II 17 verbrannt wurde; erst Dominikaner,
dann Lutheraner; vgl. „II. Brunnhofer: Bruno’s Weltanschauung und Ver-
hängniss. Leipzig 1882 in 8.“) wurde schwerlich um derentwillen, noch eher
wegen seiner als „Erzketzerei“ betrachteten Lehre von der Mehrheit der
Welten, zunächst wohl aber aus Furcht vor seiner alle Schranken durch
brechenden, nur die Naturgesetze anerkennenden Dogmatik, verdammt; vgl.
für letztere seine früher mit Unrecht als eine blosse Satyre auf die römische
Kirche betrachtete Schrift „Lo Spaccio della bestia trionfante. Paris 1584
(deutsch von Ludw. Kuhlenbeck, Leipzig 1889 in 8.)“. — h. Kepler wurde
schon als Student durch Mästlin in das coppernicanische System eingeführt. —
i. Für Keplers Arbeiten vgl. 265—G7. — k. Auch Galilei scheint frühe Cop
pernicaner geworden zu sein; aber über das wie ist man im unklaren, da der von
ihm selbst in seinen Dialogen (p. 121) genannte Urstisius und noch viel weniger
der von Vossins damit betraute Mästlin, laut ihren übrigen Lebensverhältuissen
ernstlich in Betracht kommen können. — l. Als der den Peripatetikern längst
verhasste Galilei 1G10 die Unklugheit beging, seine sichere Stellung in Padua
aufzugeben und dem Rufe des schwachen Grossherzogs Cosimo nach Florenz
zu folgen, hatten seine Feinde gewonnenes Spiel: Schon 1614 kam es so weit,
dass der Dominikaner Caccini wagen durfte, in einer Predigt über Apostel-
gesch. I 11: „Ihr galileischen Männer, was stehet ihr und sehet gen Himmel“
gegen ihn und seine Anhänger loszuziehen, und als dann Galilei trotz der Ab
mahnung seiner Freunde den Handschuh auf hob, erreichte er bloss, dass er
bei dem h. Stuhle als Ketzer und das heliocentrische System als Irrlehre
denunziert wurde. Die Folge war, dass Papst Paul V. zur Untersuchung eine
Kommission niedersetzte, welche 1G1G II 24 das Gutachten abgab: „Behaupten
die Sonne stehe unbeweglich im Centrum der Welt, ist absurd, philosophisch
falsch und förmlich ketzerisch, Aveil ausdrücklich der heil. Schrift zuwider;
behaupten die Erde stehe nicht im Centrum der Welt, sei nicht unbeweglich,
sondern habe sogar eine tägliche Rotationsbewegung, ist absurd, philosophisch