Full text: Einleitung in die Astronomie (2. Halbbd.)

— Die sog. Aberration des Lichtes. — 
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Geschwindigkeiten des Lichtes, der Erde in ihrer Bahn, des Sonnensystemes 
und des Sternes bezeichnen) ausser t:v oder der bis jetzt ausschliesslich in 
Betracht gezogenen jährlichen Aberration, nicht nur s : v oder die systematische 
Aberration, sondern sogar e: v oder die (von Ilouzeau in A. N. 496 und 498 
signalisierte, dagegen von John Herschel in A. N. 500 und 1878 auch von 
Villarceau in Zweifel gezogene) objektive Aberration in Betracht zieht und 
glaubt, dass es möglich sein dürfte, die zwei letztem ausscheiden, somit s 
und e bestimmen zu können. — Zum Schlüsse bleibt noch zu erwähnen, dass 
neben der jährlichen, in T = 366,26 Sterntagen vollendeten Bewegung der 
Erde um die Sonne, noch die Einen Sterntag in Anspruch nehmende Rotation 
der Erde statt hat, welche ebenfalls eine Aberration bewirken muss: Bezeichnet 
man die Konstante dieser täglichen Aberration unter der Breite mit k', so 
verhält sich aber offenbar, wenn r und a die Radien von Erde und Erdbahn 
bezeichnen und p die Sonnenparallaxe ist, 
und man kann daher mit grosser Annäherung k' = 0",3113 • Co <p, so z. B. 
für Zürich k" = 0",210 = 0 S ,014, setzen. 
3<»5. Keplers „Mysterium cosmographicum“. — Alsein 
höchst folgewichtiges Ereignis ist zu verzeichnen, dass der junge 
Tübinger-Stiftler Johannes Kepler etwa 1590 durch seinen Lehrer 
Mästlin für das coppernicanische System gewonnen M und sodann 
1594 durch ebendenselben bestimmt wurde, seine bis dahin be 
stehende Absicht aufzugeben, sich dem reformierten Kirchendienste 
zu widmen 6 , und statt dessen die Stelle eines „Landschafts-Mathe- 
maticus von Steyermark“ zu übernehmen, welche ihm die wünsch 
bare Müsse liess, um sich mit eingehenden astronomischen Studien 
befassen zu können. Die Hauptaufgabe, welche sich Kepler bei 
letztem von Anfang an stellte, war, den Organismus unsers Planeten- 
systemes zu ergründen, und schon 159G glaubte er, dass ihm wenig 
stens ein erster Schritt gelungen sei, ja teilte noch im gleichen 
aus seinen Untersuchungen zu ergeben schien, als Mysterium cosmo- 
graphicum d öffentlich mit, sich dadurch in der gelehrten Welt so 
fort in hervorragender Weise einbürgernd e . 
Zu 2(>.i : a. Nicht nur war Kepler schon 1591 im stände, die helioceutri- 
sclie Lehre in den physikalischen Disputationen gegen seine Kommilitonen zu 
verteidigen, sondern er soll auch damals bereits eine Abhandlung über die Be- 
wegung der Erde verfasst haben. — b. Kepler predigte sehr gerne, häufig 
und mit Erfolg, war dagegen allerdings von der damaligen Orthodoxie, die in 
dem „Dogma von der Ubiquität des Leibes Christi“ gipfelte, wenig erbaut 
und wurde um seiner freiem Ansichten willen von einzelnen seiner Lehrer als 
„untauglich zum Kirchendienste“ bezeichnet, nicht aber „um seiner Lebens 
weise“ willen, wie der perfide Karl Schöpfer (mutmasslich selbst ein ver 
kommener Theologe) in seiner Skandalschrift „Die Widersprüche in der Astro 
nomie, wie sie bei der Annahme des Copernikanischen Systemes entstehen, bei 
7 
Jahre in seinem sog. „Prodromus“ c ein liauptresultat, das sich ihm
	        
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