Full text: Einleitung in die Astronomie (2. Halbbd.)

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— Das Sonnensystem. — 
26G 
kennen glaubte, während es sich ihm bei genauerer Untersuchung etwas später 
als Ellipse entpuppte, in deren einem Brennpunkte die Sonne stand. Dass auf 
den Gang dieser Arbeiten seine damalige lebhafte Korrespondenz mit David 
Fabricius einen erheblichen Einfluss ausübte, giebt Kepler (vgl. Astronomia 
nova IV 55) selbst zu, — jedoch ist derselbe von manchen weit überschätzt 
worden. — b. Für das zweite Kepler’sche Gesetz, dem jede Centralbewegung 
unterliegt, kann 111 verglichen werden. Es bildet, wie schon Reuschle (257: d) 
betonte, gewissermassen den physischen Kern der elliptischen Theorie, indem 
es „die Ausgleichung der Ungleichheit der Abstände und der Ungleichheit der 
Geschwindigkeiten in der sich gleichbleibenden Flächengeschwindigkeit“ in 
volviert, und dadurch auf eine in der Sonne sitzende Kraft hinweist. Auch 
blieb es dem edeln Schöpfer (2G5: b) Vorbehalten, dasselbe als „Unsinn“ zu 
bezeichnen, sowie die Behauptung aufzustellen, es habe Kepler diese Arbeiten 
nur aus „Hass gegen die Geistlichkeit“ unternommen, um dem Christentum 
„einen empfindlichen Stoss“ beizubringen. — c. Nach „Franz Dvorsky, Neues 
über Kepler. Prag 1880 in 8.“ legte Kepler sein Werk über Mars dem Kaiser 
schon 1G04 mit der Bitte vor, dasselbe drucken zu lassen; aber erst, als er 
im Dezember 1G06 die Bitte dringend wiederholte, liess Rudolf zu diesem Zwecke 
400 11. anweisen, und das Erscheinen selbst verzögerte sich dennoch bis 1600. 
An der Verzögerung mögen zum Teil auch die Streitigkeiten mit Tychos Erben 
über dessen wissenschaftlichen Nachlass Schuld gewesen sein; eine dem Vor 
worte vorangestellte kurze Erklärung Tengnagels beweist, dass die Familie 
schliesslich ihren Widerstand aufgab. 
Keplers drittes Gesetz. — Nachdem Kepler durch 
seine „Astronomia nova“ das coppernicanische System in der nötigen 
Weise umgearbeitet und gegen alle wissenschaftlichen Angriffe 
sichergestellt hatte, warf er sich trotz Verhältnissen, welche jeden 
minder kräftigen Geist zu Boden geworfen hätten w , mit all’ seiner 
Energie auf das Suchen nach einem die verschiedenen Planeten 
organisch mit einander verbindenden obersten Gesetze: Bald griff 
er auf seine frühere Idee zurück, die halben grossen Axen mit den 
regelmässigen Körpern in Verbindung zu bringen, — bald glaubte 
er harmonische Beziehungen aufzufinden, welche im Sinne der Pytha- 
goräer die Distanzen und Umlaufszeiten beherrschen möchten 6 , — 
etc., bis er endlich 1618 III 8 den glücklichen Einfall hatte, die 
Zahlen, welche die grossen Axen und Umlaufszeiten ausdrücken, in 
verschiedene Potenzen zu erheben und diese mit einander zu ver 
gleichen und nun V 15, nach Beseitigung eines Bechnungsfehlers, 
wirklich sein drittes Gesetz fand, nach welchem sich die Quadrate 
der Umlaufszeiten zweier Planeten wie die Würfel der grossen Axen 
ihrer Bahnen verhalten. Mit gerechtem Stolze publizierte er sodann 
diesen kostbaren Fund in einem zweiten Hauptwerke, seinen „Har- 
monices mundi libri V. Lincii 1619 in fol.“ c , und hatte noch die 
Genugthuung, demselben als drittes Hauptwerk die längst be 
gonnenen und von den Astronomen selinlichst erwarteten „Tabuke
	        
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