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— Das Sehen der Sterne am Tage. —
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auf das man vor Sonnenaufgang eingestellt hatte, auch noch längere
Zeit nach Sonnenaufgang verfolgen c , und als sodann das Fernrohr
parallaktisch montiert, sowie mit Aufsuchungskreisen versehen
worden war, hatte es nicht mehr die mindeste Schwierigkeit, zu
jeder Tageszeit irgend ein seiner Position nach bekanntes, wenn
auch dem freien Auge nicht mehr wahrnehmbares Objekt in das
Gesichtsfeld zu bringen, und, wenn sein Glanz, im Verhältnis zur
Mächtigkeit des Fernrohrs und zur Stärke des diffusen Lichtes,
nicht gar zu gering war, deutlich zu sehen d .
Zu 114: a. Vgl. Humboldts Kosmos III 71 und meine Note in Bern. Mit-
th. von 1851. Letztere widerlegt eine von Ebel in seiner „Anleitung die Schweiz
zu bereisen (3. A. II 2C»0) U aufgenommene Erzählung gründlich. — b. Die
hei sog. totalen Sonnenfinsternissen gesehenen Sterne (250) kommen hier natür
lich nicht in Betracht, — noch eher die durch Saussure (Voyages dans les
Alpes. Sect. V) mitgeteilte Angabe, dass seine Führer hoch oben am Montblanc
an dem durch den Berg beschatteten Teile des Himmels heim hellen Tage
einige Sterne gesehen haben. — c. So sah Jos. Gaultier in Aix (vgl. Corr.
astr. III 336) schon 1011 III 1 Merkur noch nach Sonnenaufgang, — ebenso
Willi. Schickard in Tübingen (vgl. Hist. coel. 956) 1632 III 2 den Antares, —
etc. — d. Immerhin scheinen eigentliche Tagesbeobachtungen erst von 1609
hinweg durch Picard gemacht worden zu sein: Bei Angabe einer 1669 V 3
erhaltenen Meridianhöhe des Begulus sagt er nämlich (vgl. Lemonnier, Histoire
céleste, p. 38): „Cette hauteur méridienne fut prise en plein jour à 7 11 5 m du
soir, environ 13 m avant le coucher du soleil, ce qui ne s’était encore jamais
fait“, und sodann hei Angabe der Meridianhöhe von Arcturus von 1669 VII 23:
„Cette observation est remarquable, étant inouï qu’on eût jamais pris la hau
teur méridienne des étoiles fixes non seulement en plein soleil, mais pas même
encore dans la force du crépuscule; de sorte qu’il est maintenant facile de
trouver immédiatement les ascensions droites des étoiles fixes non seulement
par les horloges à pendule, mais aussi par l’observation du vertical du soleil
au même temps qu’on observera la hauteur méridienne d’une étoile fixe“.
1¥5. Der faktische Nachweis für die Zulässigkeit der
Hypothese. — Die im Eingänge des vorigen Satzes hervorgehobene
Thatsache leistet offenbar den faktischen Beweis, dass die sog. täg
liche Bewegung wirklich genau so vor sich zu gehen scheint, wie
wenn sich die scheinbare Himmelskugel in einem Tage gleich
förmig um die sog. Weltaxe drehen würde, — dass also die ge
machte Hypothese zulässig ist und als Grundlage weiterer Be
trachtungen benutzt werden darf a .
Zu US: a. Es mag beigefügt werden, dass die Existenz und Verwendung
der Armillarsphäre (386) uns zeigt, dass bereits die Alten volle Einsicht in
die Dichtigkeit unserer Hypothese hatten; auch ist von Interesse, dass der
um 70 v. Chr. lebende Geminus die Anwendung eines um die Weltaxe dreh
baren Diopterlineales als ein Mittel bezeichnete, um sich zu überzeugen, dass
die Sterne infolge der täglichen Bewegung wirklich Kreise beschreiben.