Full text: Mit zwey Kupfertafeln (Erster Theil)

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setzen suchen, als zu ihrer Anwendung bey den Berechnungen 
der Beobachtungen nöthig ist. » 
Es ist bekannt , dafs die Geometer die Erde als einen Kör 
per annehmen, der durch die Umdrehung einer Ellipse um ihre 
kleine Axe entstanden ist. Wenn sie eine vollkommene Kugel 
wäre , so Würde , wie man leicht zeigen kann, die Anziehung 
der andern Himmelskörper auf sie dieselbe seyn , als wenn die 
Masse der ganzen Erde in ihrem Mittelpunkte versammelt wäre. 
Da sie aber , nach ihrer eben angeführten Gestalt ein an ihren 
Polen abgeplattetes Sphäroid ist, so mufs z. B. die Wirkung der 
Sonne, auf diese Erde in dem Aequator der Erde eine Bewe 
gung hervorbringen , welche, indem sie den Aequator aul sei 
ner Durchschnittslinie mit der Ecliptik in Bewegung setzt, die 
Ebene des Aequators jener der Ecliptik beständig nähern würde, 
ohne diese Durchnittslinie selbst zu verändern. Die Neigung des 
Aequators gegen die Ecliptik würde also durch die mittlere 
Wirkung der Sonne abnehmen , und beyder Durchschnittslinie 
würde fest seyn, wenn die Erde keine Umdrehung 
um ihre Axe hätte. Da sie aber eine solche Umdrehung 
hat, so erhält, wie man leicht sieht, diese Umdrehung dem 
Aequator eine b e s t än dig e Neigung gegen die .Ecliptik , und 
verwandelt die Wirkung der Sonne in eine rückläufige Bewe 
gung der Durchschnittslinie oder der Aequinoctien, sie zieht 
diesen Aequinoctien eine Veränderung zu, welche ohne der 
Umdrehung der Erde , blofs bey der Neigung statt finden würde, 
und gibt dafür der Neigung die Beständigkeit, welche ohne die 
Rotation bey den Knoten statt finden würde. Diese rückgängige 
Bewegung der Aequinoctien, die Präcessio r , hängt also von 
der Abplattung der Erde ab, und sie verändert^ ie Neigung der 
Ecliptik gegen den Aequator nicht. 
Was von der Wirkung der Sonne gesagt Wurde , gilt auch 
von den Wirkungen der andern Himmelskörper, von denen aber 
allein der Mond , wegen seiner Nähe, einen für die Beobachtun 
gen noch merkbaren Einflufs hat. Auch der Mond also macht 
die Aequinoctii * des Erdäquators in der Ebene seiner Bahn 
rückwärts gehen, und beyde Wirkungen zusammen heifsen die 
Lunisolarpräcession, die nach den neuesten Bestimmun 
gen jährlich nahe 5 o // 34 beträgt. Da aber die Lage der Ebene 
der Mondsbahn mfd ihre Neigung gegen den Aequator, wie wir 
unten sehen werden, veränderlich ist, so ist auch die Wirkung 
des Mondes, die sonst, wie die der Sonne, constant wäre, 
selbst veränderlich. Der constante Theil dieser Wirkung des 
Mondes auf die Erde ist die oben betrachtete Lunarpräcession, 
der veränderliche Theil dieser Wirkung aber, der von der ver 
schiedcnen Lage der Mondesbahn gegen den Aequator abhängt, 
und in wiederkehrenden Perioden von nahe 18.6 Jahren sowohl 
auf die Bewegung der Aequinoctien, als auch auf die Verän 
derung der Schiefe der Ecliptik seinen E n lufs äufsert, heifst-,
	        
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