bewegungen, die nit allein die verſhiedenen Muskeln der Zunge,
Lippen und Wangen, ſondern auh die Thätigkeit verſchiedener
Nerven in Anſpruch nehmen. Je tiefer wir nun vom Menſchen
abwärts in die Thierreihe hinunterſteigen, deſto complicirter und
zahlreicher werden dieſe angeborenen Bewegungsgruppen. Wäh-
rend das Säugethier hilflos, zum Theil noch blind zur Welt
fommt, pit das aus dem Ei kriehende Hühnchen ſofort na<
dem Körnchen, läuft und hüpft alsbald ſo geſhi>t umher wie.
die alten. Sämmtliche Bewegungen, die vom Fiſh im Waſſer
auszuführen find, macht fchon das kaum entwid>elte Fiſchchen,
no< mit dem Dotterfad am Leibe. Ueberall finden wir den
Grundſatz: je weniger geiſtige Fähigkeit ein Thier im Lauf ſeines
Lebens zu entwickeln im Stande iſt, deſto fertiger kommt es zur
Welt, und je entwi>elungsfähiger es iſt, deſto hilfloſer. Denken
Sie nur an den gelehrigen Kanarienvogel im Gegenſaß zur
dummen Gans und zum beſchränkten Huhn. Die Ameiſen und
Bienen brauchen nichts zu lernen, fie wiſſen und können ihre
Kunſtfertigkeit von Anbeginn an.
Alſo der Menſch, das hilfloſeſte Weſen in ſeiner frühſten
Jugend bringt nur eine verſchwindend geringe Anzahl motoriſcher
Complexe fertig auf die Welt, alles übrige muß er erlernen.
Sp welcher Weiſe nun haben wir dies Erlernen uns vorzuſtellen ?
Sch will hier abſehen von den primitivſten Fähigkeiten, die das
Kind fi aneignet, faſt noh ehe es zum vollen Bewußtſein er-
wacht iſt, dem Fixiren mit den Augen, dem Greifen, Stehen und
Gehen. Wir wollen in eine ſpätere Zeit hinüberſhauen und
eine zum Theil recht mechaniſche Thätigkeit auswählen, die, bis
fie erlernt ift, viel Zeit, Mühe und Geduld erfordert. Zerglie-
dern wir alſo einmal das Erlernen des Klavierfpield. Da find
zuerst gewiffe angeborene Bewegungscomplere zu durchbrechen
(610)