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XIV. Kohlenhydrate.
Cellulose, (C 6 H 10 O 5 ) x , ist in der Natur als Pflanzenzell
membran außerordentlich verbreitet; die Baumwolle, das Holunder
mark, das Holz usw. besteben aus Cellulose in mehr oder minder
reiner Form. Darstellung im großen aus Holz (besonders Nadel
hölzer) durch Erhitzen mit Calciumbisulfitlösung unter Druck
(Sulfitzellstoff) zur Entfernung der inkrustierenden Sub
stanzen {Lignin) oder aus Stroh durch Erwärmen mit Natronlauge
(Natronzellstoff). Heine Cellulose wird durch successive Ex
traktion von Watte oder schwedischem Filtrierpapier mit Kali
lauge usw. gewonnen. — Weißes, in den gewöhnlichen Lösungs
mitteln unlösliches, amorphes Pulver. Löst sich in ammoniakaliscker
Kupferoxydlösung und wird daraus durch Säuren wieder gefällt. —
Gibt mit Essigsäureanhydrid und konzentrierter Schwefelsäure
das Octoacetat einer Biose C 12 H 3a O n , der Cellobiose (Skraup), die
hei weiterer Hydrolyse d-Glukose liefert.
Mit Eisessig und Essigsäureanhydrid bei Gegenwart von wenig
konzentrierter Schwefelsäure oder von Salzen entsteht die in Wasser
unlösliche, in organischen Medien aber lösliche Acetylcellulose.
In einem Gemisch von Alkali und Schwefelkohlenstoff löst sich
Cellulose auf unter Bildung von Xanthogenaten (s. S. 326); diese
Lösung heißt wegen ihrer physikalischen Beschaffenheit Viscose.
Stehen der verdünnten Lösung in rauchender Salzsäure liefert
quantitativ d-Glukose, Kochen mit verdünnter Schwefelsäure bildet
daneben Dextrin. Konzentrierte Schwefelsäure verwandelt in Amyloid,
eine amorphe, durch Jod blau werdende Masse (das Pergamentpapier
ist durch Schwefelsäure oberflächlich in Amyloid verwandeltes un-
geleimtes Papier), bei längerer Einwirkung in Dextrin.
Ein Gemisch von Salpetersäure und Schwefelsäure bildet Salpeter
säureester, sog. Nitrocellulosen, und zwar, je nach der Intensität
der Einwirkung, Schießbaumwolle, Pyroxylin, welches in Alkohol-Äther
unlöslich und ein wichtiges Sprengmittel ist, oder Collodiumwoile.
Letztere enthält weniger Salpetersäurereste und ist in Alkohol-Äther
löslich (Collodium) und minder explosiv. Die durch Behandlung von
Schießbaumwolle mit Aceton oder Essigester entstehende amorphe
Masse bildet das sog. rauchlose Schießpulver; ein in bestimmter Art
verarbeitetes Gemisch von Collodiumwoile mit Nitroglycerin (S. 237)
ist die Sprenggelatine (B. 37, 268).
Läßt man die Lösungen von Nitrocellulose in Alkohol-Äther in
feinem Strahl in Wasser, oder diejenige von Cellulose in Kupferoxyd
ammoniak entsprechend in verdünnte Säuren eintreten, so erhält man
einen feinen Faden von hohem Seidenglanz. Hierauf beruht die
Fabrikation von Kunstseide (Chardonnet; Fremery-Urban). Hier
bei wird der Nitrocellulosefaden behufs Verminderung der Feuer
gefährlichkeit mit Schwefelammonium (Entfernung der Nitrogruppen)