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XVI. Theorie der Benzolderivate.
repräsentieren Isomere. Die Bindungsweise a d, der einzige übrige
Fall, stellt das dritte Isomere dar.
Beweise, daß zu einem Wasserstoffatom (a) zwei Paare
von symmetrisch gebundenen anderen Wasserstoffatomen
existieren,
sind von verschiedenen Seiten, zumal von Ladenburg, erbracht
worden. Einer derselben sei hier skizziert.
1. Nach Hübner und Vetermann (A. 149, 129; vgl. auch Hübner,
A. 222, 67, 166) liefert die durch Bromierung von Benzoesäure ge
wonnene (sog. Meta-) Brombenzoesäure (deren Bromatom in o,
Carboxyl in a stehen möge) mit Salpetersäure zwei Nitrobrom-
benzoesäuren, C 6 H 8 Br(N02)(C0 2 H), (N0 2 etwa in b und f).
Diese gehen durch nasciei'enden Wasserstoff in dieselbe (sog. Ortho-)
Aminobenzoesäure, C 6 H 4 (NH 2 )(C0 2 H), über (Reduktion von
N0 2 zu NH 2 und Rückwärtssubstitution). Da dieselbe Aminobenzoe
säure entsteht, während doch die zwei Nitrogruppen in den beiden
Nitrobrombenzoesäuren wegen der Verschiedenheit der letzteren an
Stelle zweier verschiedener Wasserstoffatome (b und f) sich befinden
müssen, so folgt daraus, daß diese letzteren zu dem Wasserstoff
atom a symmetrisch gebunden sind; d. h. ab — af.
2. In analoger Weise liefert die Oxybenzoesäure, welche aus
der eben besprochenen Aminobenzoesäure darstellbar ist (die Salicyl-
säure), zwei Nitr o derívate,' C 6 H 3 (0H)(N0 2 )(C0 2 H). Wenn man
aber in diesen das Hydroxyl (was auf Umwegen möglich ist) gegen
Wasserstoff ersetzt, so sind die entstehenden Nitrobenzoesäuren,
C 6 H 4 (N0 2 )(C0 2 H), identisch, also die Wasserstoff atóme, welche
durch N0 2 ersetzt sind, in symmetrischer Stellung zu a.
Wenn man nun diese Nitrobenzoesäure zu Aminobenzoesäure,
C 6 H 4 (NH 2 )(C0 2 H), reduziert, so,erhält man nicht die obige (Ortho-)
Aminosäure ab = af, sondern eine isomere. Die Nitrogruppen der
Nitrösäuren können also nicht an der Stelle b — f, sondern müssen
an Stelle zweier anderer Wasserstoff atóme (etwa c und e)„sich be
finden, welche also gleichfalls zu a symmetrisch stehen; d. h. ac = ae
(Hübner, A. 195, 4 ff.*).
Mithin sind zum Wasserstoffatom a zwei Paare von Wasserstoff
atomen symmetrisch gebunden; ab = af; ac = ae. Als dritte
Bindungsweise bleibt nunmehr nur die folgende übrig: ad; das
sechste Wasserstoffatom d steht dem ersten a gegenüber in „ver
einzelter* Stellung.
Vgl. „Ladenburg, Theorie der aromatischen Verbindungen“,
Braunschweig, 1876; Wroblewsky, A. 168, 153; 192, 196; B. 8, 573;
9, 1055; Lobry de Bruyn, B. 18, R. 148; Wohl, B. 43, 3474.
Bei obigen Betrachtungen ist angenommen worden, daß beim
Übergang der einen Verbindung in die andere durch Austausch
von Atomen oder Atomgruppen (N0 2 gegen NH 2 , OH gegen H)