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XXVII. Diphenylgruppe.
oder durch Behandeln von Nitrodiazoverbindungen mit Salzsäure und
Kupferpulver oder Salzsäure und Cuprochlorid oder ammoniaka-
lischer Cuprolösung (B. 34, 3327, 3802; A. 320,132). o, o'-Dinitro-
diphenyl und das durch Reduktion daraus entstehende Diamin,
o, o-Diaminodiphenyl, sind auf diese Weise leicht zugänglich.
Beim Erhitzen mit Schwefelsäure erhält man aus letzterem unter
Austritt von Ammoniak Carbazol (s. Kap. XXX11I, Cu. B. 24, 197).
Ebenso wie Anilinsalze durch salpetrige Säure in Diazobenzolsalze
übergehen, liefern die Diaminoderivate des Diphenyls und der Homo
logen und Analogen Tetrazoverbindungen, welche sich mit Phenolen
und Aminen sowie Sulfo- und Carbonsäuren derselben usw. zu Disazo
farbstoffen vereinigen lassen. Insbesondere die vom Benzidin oder von
p, p'-Diaminodiphenyl-m.m'-derivaten sich ableitenden Disazofarbstoff'e
besitzen, sofern sie die Bildung wasserlöslicher Salze vermittelnde Sulfo-
oder Carboxylgruppen enthalten, die Eigenschaft, ungeheizte Baumwolle
direkt zu färben („substantive“ Farbstoffe). Die Nuance derselben
variiert, je nachdem ein Phenol der Benzolreibe oder eine Naphtyl-
aminsulfosäure oder eine Naphtol-, Dioxynaphtalin- oder Aminonaphtol-
sulfosäure zur Kuppelung verwendet wird, von Gelb und Orange nach
Rot und Violett bis Reinblau. Wichtige Farbstoffe dieser Klasse sind
z. B. Congo = Benzidin -j- 2 Mol. «-Naphtylaminsulfosäure-1,4, Benzo-
purpurin 4 B = die entsprechende Kombination aus o-Tolidin.
Blaue Farbstoffe liefert vorzugsweise das Dianisidin; z. B. entsteht
Diaminrcinblau aus Dianisidin und 2 Mol. 1, 8 - Aminonaphtol - 3, 6 - di-
sulfosäure.
Sulfoderivate des Benzidins sind von untergeordneter praktischer
Bedeutung, ebenso Benzidinsuifon und Sulfosäuren desselben.
Dioxydiphenyle, C 12 H 8 (OH) 2 , entstehen aus den entsprechenden
Diaminoderivaten durch Diazotieren und „Verkochen“ der Tetrazo
verbindung oder aus Diphenyldisulfosäuren durch Kalischmelze. Die
p, p'-Verbindung gibt durch Oxydation mit Bleisuperoxyd
Diphenochinon, 0 : C 6 H 4 : C 6 H 4 : 0, goldgelbe oder blaurote, ge
ruchlose Nadeln (Willstätter und Kalb, B. 38, 1232); ein Tetramethoxy-
derivat ist das Coerulignon, Cedriret.
Carbonsäuren des Diphenyls entstehen 1. aus den zugehörigen
Cyaniden, welche ihrerseits aus Sulfosäuren des Diphenyls durch De
stillation mit Cyankalium erhalten werden, so die Di-p-diphenyldicarbon-
säure, C 12 H 8 (C0 2 H) 2 , ein in Wasser, Alkohol und Äther unlösliches,
weißes Pulver; 2. durch Oxydation von Phenanthren und ähnlichen
C 6 H 4 .C0 2 H
Verbindungen, z. B. Diphensäure, | , eine Diortho-Ver-
C e H 4 .C0 2 H
bindung (Schultz, A. 186, 1; 203, 95); 3. aus manchen Diazocarbon-
säuren durch Einwirkung ammoniakalischer Cuprolösung.
Das Doppellacton einer Hexaoxydiphenyldicarbonsäure ist die aus
Gallussäureester, Gallussäure oder Tannin in alkalischer Lösung (durch
Oxydation) entstehende Ellagsäure (B. 36, 212).