Full text: Theorien der Chemie

100 
Auch nach dieser Deutung der Versuchsresultate werden die Beobach 
tungen von Lenard und Crowther 1 ) verständlich, da die Zerstreuung der 
Kathoden- oder ß-Strahlen der Dichte des zerstreuenden Stoffes nahezu pro 
portional ist, denn die Zerstreuung rührt von der Ablenkung durch Elektronen 
her, und diese Zahl ist nach dem letzten Befund von J. J. Thomson der 
Menge der Materie annähernd proportional. 
Die positiv geladenen Teile der Atome sind, nach den zahlreichen 
Untersuchungen über Anodenstrahlen, welche von der positiven Elektrode 
senkrecht zu ihrer Oberfläche ausgehen, und über die positiv geladenen Kanal 
strahlen, die durch Löcher in der Kathode von der positiven Seite hindurch 
treten, von ungefähr derselben Größe wie die Atome selbst, und man nimmt 
deshalb an, daß sie aus den Atomen der bei der Entladung teilnehmenden 
Gase, welche ein oder mehrere negativ geladene Elektronen abgegeben 
haben, bestehen. In dieser Hinsicht möge es genügen auf die Arbeiten von 
W. Wien * 2 ) und Gehrcke und Reichenheim 3 * ) hinzuweisen. Diese fanden 
für Anodenstrahlen aus Natrium das Gewicht des Partikelchens mit Einheits 
ladung 21—23 mal größer als bei Wasserstoff, für solche aus Strontium 45, 
Atomen vom Gewicht 90 (anstatt 87) mit Doppelladung entsprechend. 
Wir haben oben angenommen, daß der molekulare Abstand etwa 
10' 8 cm beträgt. Diese Größe kann ebenfalls elektrisch bestimmt werden. 
Wenn wir angesäuertes Wasser mit einer niedrigen elektromotorischen Kraft 
zersetzen, so erhalten wir einen rasch abfallenden Strom, einen sogenannten 
Ladungsstrom. Die eine Elektrode, und zwar die negative, mag ein Platin 
blech sein, die andere eine sogenannte unpolarisierbare Elektrode. Dann 
schafft der Strom Wasserstoff-Ionen an die Platinelektrode, aber diese Ionen 
werden nicht entladen, sondern sammeln sich in einer bestimmten Entfernung 
von der Kathode an. Dieses System kann als eine Leydner Flasche betrachtet 
werden. Die Kapazität dieser Leydner Flasche ist definiert als der Quotient 
aus der Elektrizitätsmenge, die durch die Zelle gegangen ist, und der an 
gelegten elektromotorischen Kraft. 
Nun kann die Kapazität einer Leydner Flasche aus ihrer Oberfläche und 
dem Abstand ihrer geladenen Belegungen berechnet werden. In diesem Falle 
sind die Belegungen die Platinkathode und die Wasserstoffschicht. Je näher 
sie einander liegen, desto größer ist die Kapazität. Helmholtz bestimmte, 
auf diese Weise den Abstand zwischen der Kathode und der Wasserstoff- 
0 In einer späteren Abhandlung (Proc. Roy. Soc. A, 80, 186, 1908) kommt 
Crowther auf diese Frage zurück. 
2 ) W. Wien, Ann. d. Physik (4), 9, 660, 1902, (4), 23, 415, 1907. 
3 ) Gehrcke und Reichenheim, Ann. d Phvs. 4), 25, 861, 1908. Ber. 
d. deutschen phys. Ges. 4, 559, 1906, 5, 76, 200, 1907, 6, 217, 1908.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.