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reagiert und das Lakmuspapier blau färbt. Das zeigte auch die Beobach
tung, und ebenso, daß das über s zurückbleibende Gas einen Mangel an
NH 3 oder einen Überschuß an HCl aufwies, denn es färbte das Lakmus-
papier in u rot. Diese Beobachtungen waren nicht anders zu erklären,
als daß der Salmiakdampf teilweise in NH 3 und HCl zerfallen war.
Jedoch die Gegner dieser Erklärung, unter denen wir merkwürdiger
weise die französischen Dissoziations-Forscher finden, gaben ihren Wider
stand noch nicht auf. Sie sagten, der Asbestpfropfen a reagierte möglicher
weise chemisch mit dem Salmiakdampf. Um diesem Einwurf zu begegnen,
vertauschte v. Than 1 ) das Asbest-Diafragma mit einem Diafragma aus
Salmiak. Das Resultat war unverändert.
In dieselbe Zeit fallen noch viele andere Untersuchungen, die mit
dieser Frage in Zusammenhang stehen, und die alle die Idee der Disso
ziation stützten. Besonders interessant sind die Gasdichte-Bestimmungen
über große Temperaturintervalle, die die Zunahme der Dissoziation mit
der Temperatur kennen lehrten. So fand Würtz * 2 ) folgende Werte für die
Verbindung C 5 H n Br, die aus Amylen C 5 H 10 und Bromwasserstoff HBr
entsteht und bei hoher Temperatur fast vollständig in ihre Komponenten
zerfällt. (Dichte der Luft = 1).
Temp.: 155 163 172 185 210 225 237 248 268 295 310 319 360° C.
Dichte: 5,27 5,23 5,17 5,13 4,26 4,19 3,83 3,30 3,10 3,19 3,08 2,88 2,61
Die Formel C 5 H n Br entspricht der Dichte 5,24 und die vollkommen disso-
zierte Mischung der Dichte 2,62. Aus den Zahlen können wir daher
schließen, daß bei 155° C die Moleküle des Amylenhydrobromides noch
vollkommen intakt sind, und daß die Dissoziation dieser Verbindung mit
steigender Temperatur zunimmt, bis sie bei etwa 360° C vollständig wird.
Analoge Beispiele haben die neueren Untersuchungen über Gasdichten
in großer Zahl zu Tage gefördert.
Wir schließen daraus, daß das Avogadrösche Gesetz zu lauter
richtigen Schlüssen geführt hat. Es war eins der wichtigsten Gesetze in
der Physik und Chemie der Materie, schon ehe van’t Hoff sein Gel
tungsbereich auch auf die gelösten Substanzen ausdehnte, und ist jetzt
vielleicht das aller umfassendste.
Der analytische Ausdruck des Avogad röschen Gesetzes ist der
selbe wie der des vereinigten Boyle-Gay-Lussacschen Gesetzes,
nämlich:
pv = RT.
p, v und T haben dieselbe Bedeutung wie vorher, R dagegen ist jetzt eine
x ) v. Than, Ann. d. Chem. u Pharm. 131, 138, 1864.
2 ) Würtz, ebenda, 135, 314, 1865.