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äußeren Planeten haben sehr dicke Atmosphären. Ihre geringe Dichte
macht sogar wahrscheinlich, daß sie ganz aus gasförmiger Masse bestehen,
die von Wolken umgeben ist. Die Atmosphären der äußersten Planeten
und der Sonne über den photosphärischen Wolken enthalten sehr große
Mengen von dem leichtesten Gase, Wasserstoff. Dieses Verschwinden der
stärker bewegten Gasmoleküle aus der Atmosphäre hat eine eigentümliche
Folge, indem die Entropie dabei abnimmt, was ja in Widerspruch mit dem
zweiten Hauptsatz steht. Bei den dichten Himmelskörpern hat dieser Vorgang
keine größere Bedeutung, bei den Himmelsnebeln aber mit ihren enormen
Ausdehnungen und minimaler Dichte liegen die Verhältnisse anders. Diese
Erscheinung ist deshalb zur Erklärung der Tatsache herbeigezogen wor
den, daß der nach Clausius sogenannte Wärmetod, bei dem die Tem
peraturunterschiede vollkommen ausgeglichen sind, nicht schon während
der unbegrenzten Zeit des Bestehens der Welt eingetreten ist.
10. Kapitel: Chemische Kinetik und Statik.
Früh in der Geschichte der Wissenschaft wurde die Kenntnis er
worben, daß verschiedene Säuren eine sehr verschiedene Affinität zur
selben Base haben, und in diesem Sinne sagte man, die Schwefelsäure wäre
die stärkste Säure, da sie alle anderen Säuren aus ihren Salzen auszutreiben
vermag. Die Chemiker des 18. Jahrhunderts betrachteten es als ihre
Hauptaufgabe, sogenannte „Affinitäts-Tabellen“ aufzustellen, in denen die
Stoffe, z. B. verschiedene Metalle, Wasserstoff, Kohle, nach ihrer Fähig
keit geordnet waren, einander in Verbindungen, z. B. Oxiden, zu ersetzen.
Der zweite Teil der Berzeliusschen Reihe (vgl. S. 54) ist eine der
artige Tabelle, in der die Metalle nach ihrer Fähigkeit, einander aus ihren
Salzlösungen zu verdrängen, geordnet sind.
Bergman faßte die Ansichten der Chemiker des 18. Jahrhunderts
zusammen, in einer großen Anzahl Tafeln hatte er die experimentellen
Kenntnisse seines Zeitalters gesammelt und benutzte sie zu allgemeinen
Schlüssen. Er führte zwei neue Begriffe ein, den der chemischen Sub
stitution, das ist die Verdrängung einer Substanz durch eine andere, und
den der doppelten Zersetzung, das ist der gegenseitige Austausch der Be
standteile zwischen den Verbindungen.
Allgemein gesprochen darf man behaupten, daß Bergmans theo
retische Ansichten bis vor kurzer Zeit herrschten. Der Hauptsatz in Berg
mans Lehrgebäude ist der, daß die chemischen Prozesse immer vollständig