Full text: Theorien der Chemie

Die Gleichgewichtserscheinungen scheinen in der physiologischen 
Chemie eine sehr große Rolle zu spielen. Die Fette sind Ester von Glyzerin 
mit fetten Säuren. Sie werden sowohl von Enzymen, s. g. Lipasen, wie 
von Säuren katalytisch zersetzt. Bei Versuchen mit Triacetin (Glyzerin- 
Azetat) fand Taylor 1 ) dieselben Verhältnisse wieder wie die bei ge 
wöhnlichen Estern beobachtet worden sind. Der Zerfall geschah mono- 
molekulär und es trat nach dem Guldb erg-Waag eschen Gesetz ein Gleich 
gewicht bei demselben Punkt ein, ob Lipase oder Schwefelsäure benutzt 
wurde. Daß dies der Fall sein muß, folgt aus der Wärmetheorie, sofern 
nämlich der Katalysator nicht durch die Reaktion verändert wird. Das 
selbe ist für gewöhnliche Reaktionen in vielen Fällen nachgewiesen worden, 
so, z. B., von Koelichen * 2 ) für den Zerfall von Diacetonalkohol 
CH 3 • CO • CH 2 • C (CH 3 ) 2 OH in zwei Moleküle Azeton bei Anwesenheit von 
Basen. Die Natur und die Konzentration der Base war ohne Einfluß. Dieser 
Fall ist jedoch nicht so beweisend, wie der vorhin genannte, weil der wirk 
same Katalysator immer das Hydroxylion ist. Da das Gleichgewicht nicht 
durch die Natur und Menge des Katalysators verschoben wird, so müssen 
die beiden entgegengesetzten Prozesse in gleichem Verhältnis von dem 
Katalysator beschleunigt werden. 
Andere Gleichgewichtsreaktionen von großer praktischer Bedeutung 
kommen bei der Bindung von Giften durch Gegengifte vor. 3 ) 
Bei den Gleichgewichtsreaktionen können die Katalysatoren eben 
sogut zum Aufbau wie zum Abbau der Moleküle dienen. So z. B. können 
Säuren oder Lipase ebensogut dazu benutzt werden, um aus Glyzerin und 
Essigsäure Triacetin zu synthetisieren, als auch um Triacetin in Glyzerin 
und Essigsäure durch Anlagerung von Wasser zu zerlegen — eine sogenannte 
Hydrolyse. Man kann danach sich vorstellen, eine wie wichtige Rolle die 
Fermente im Körper spielen. Fermente wie Trypsin und Pepsin zerlegen 
durch Hydrolyse die Eiweißkörper in einfachere Amidosäuren und können 
danach aus diesen wieder Eiweißstoffe durch Zusammenschließen von 
mehreren einfacheren Amidosäuren unter Wasserabspaltung aufbauen. Es 
ist dabei gar nicht nötig, daß aus den Abbauprodukten eines Eiweißkörpers 
durch Synthese der ursprüngliche Eiweißkörper wieder aufgebaut wird. 
Es gibt da so viele Isomerien und Kombinationen, daß die äußeren Um 
stände wohl bedingen können, daß ein anderer als der ursprüngliche 
U A.E.'Taylor, University of California Publications, Pathology 1, 33 
und 85, 1904. Vgl. Arrhenius, Immuuochemistry S. 133, 1907. 
2 ) Koelichen, Zeitschr. f. phys. Ch. 33, 129, 1900. 
3 ) Vgl. Arrhenius, Immunochemie, Kap. 6—9.
	        
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