Full text: Theorien der Chemie

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auf sein Gesetz und jedes Experiment, das seither über die Stärke elek 
trischer Ströme angestellt worden ist, hat es bestätigt. 
Aber auch wenn Ohms Gesetz nur für schwache Ströme gälte, und 
sich bei starken Strömen Abweichungen gezeigt hätten, so wäre es doch 
vom höchsten Nutzen gewesen. Dank seiner quantitativen Formulierung 
wurde es möglich, die Stärke eines gegebenen Stromes zu berechnen und 
diese berechnete Stärke mit der beobachteten zu vergleichen. Wenn nun 
beides nicht'innerhalb der Versuchsfehler übereingestimmt hätte, hätten wir 
nach dem Grunde dieser Abweichung suchen müssen. Dann hätten wir 
gefunden, entweder daß die elektromotorische Kraft (d. i. die Potential 
differenz), die an den Enden des Drahtes lag, nicht den Wert hatte, der in 
der Rechnung benutzt war, oder daß die Konstante des Drahtes, die seine 
elektrische Leitfähigkeit darstellt, falsch angenommen war. Dann hätten 
wir einen neuen Versuch angestellt und darauf geachtet, daß die elektro 
motorische Kraft und die Leitfähigkeit genau den angenommenen Wert 
hatten, und nun beobachtet, ob der Wert des Stromes gleich dem bei der 
ersten Beobachtung war, oder gleich dem berechneten Werte, soweit die 
Versuchsfehler es erlauben. Im zweiten Falle wäre ein experimenteller Be 
weis für die Richtigkeit des Gesetzes erbracht. Dieser ist von so vielen 
Beobachtern gegeben worden, daß, wenn der erste Fall je eintreten sollte, 
wir den Schluß ziehen dürften, daß wir entweder eine neue bisher unbe 
kannte Erscheinung gefunden oder einen Irrtum bei der Messung begangen 
hätten. Um zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu entscheiden, müßten 
wir eine neue Prüfung mit noch größerer Sorgfalt vornehmen. Ohne die 
Theorie wären keine Veranlassungen zu neuen und noch genaueren Unter 
suchungen vorhanden gewesen. Im allgemeinen hat eine Theorie, die konzis 
in einer Formel ausgedrückt ist, und in einer großen Anzahl von Fällen 
bestätigt ist, den größten praktischen Wert: denn sie gestattet uns den 
Wert einer der Größen, die in der Formel Vorkommen (z. B. die Stärke 
eines Stromes), zu berechnen — und oft viel genauer als wir sie experimentell 
bestimmen könnten — wenn die anderen bekannt sind. So ist die Theorie 
der größte Förderer wissenschaftlicher Forschung. 
Kehren wir zu Ohms Gesetz zurück, so finden wir, daß es zu Unter 
suchungen Anlaß gibt, die den Einfluß von Wärme, Druck und Zeit auf die 
Leitfähigkeit verschiedener Stoffe betreffen, sowie den Einfluß der Ver 
dünnung auf die Leitfähigkeit der Elektrolyte. Diese Untersuchungen haben 
dann wieder in unserer Zeit die elektrolytische Dissoziations-Theorie er 
geben. In dieser Theorie wurde Ohms Gesetz mit anderen Gesetzen ge 
meinschaftlich benutzt, die aus van’t Hoffs Theorie über den Gefrierpunkt, 
von Lösungen herflossen.
	        
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