2
auf sein Gesetz und jedes Experiment, das seither über die Stärke elek
trischer Ströme angestellt worden ist, hat es bestätigt.
Aber auch wenn Ohms Gesetz nur für schwache Ströme gälte, und
sich bei starken Strömen Abweichungen gezeigt hätten, so wäre es doch
vom höchsten Nutzen gewesen. Dank seiner quantitativen Formulierung
wurde es möglich, die Stärke eines gegebenen Stromes zu berechnen und
diese berechnete Stärke mit der beobachteten zu vergleichen. Wenn nun
beides nicht'innerhalb der Versuchsfehler übereingestimmt hätte, hätten wir
nach dem Grunde dieser Abweichung suchen müssen. Dann hätten wir
gefunden, entweder daß die elektromotorische Kraft (d. i. die Potential
differenz), die an den Enden des Drahtes lag, nicht den Wert hatte, der in
der Rechnung benutzt war, oder daß die Konstante des Drahtes, die seine
elektrische Leitfähigkeit darstellt, falsch angenommen war. Dann hätten
wir einen neuen Versuch angestellt und darauf geachtet, daß die elektro
motorische Kraft und die Leitfähigkeit genau den angenommenen Wert
hatten, und nun beobachtet, ob der Wert des Stromes gleich dem bei der
ersten Beobachtung war, oder gleich dem berechneten Werte, soweit die
Versuchsfehler es erlauben. Im zweiten Falle wäre ein experimenteller Be
weis für die Richtigkeit des Gesetzes erbracht. Dieser ist von so vielen
Beobachtern gegeben worden, daß, wenn der erste Fall je eintreten sollte,
wir den Schluß ziehen dürften, daß wir entweder eine neue bisher unbe
kannte Erscheinung gefunden oder einen Irrtum bei der Messung begangen
hätten. Um zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu entscheiden, müßten
wir eine neue Prüfung mit noch größerer Sorgfalt vornehmen. Ohne die
Theorie wären keine Veranlassungen zu neuen und noch genaueren Unter
suchungen vorhanden gewesen. Im allgemeinen hat eine Theorie, die konzis
in einer Formel ausgedrückt ist, und in einer großen Anzahl von Fällen
bestätigt ist, den größten praktischen Wert: denn sie gestattet uns den
Wert einer der Größen, die in der Formel Vorkommen (z. B. die Stärke
eines Stromes), zu berechnen — und oft viel genauer als wir sie experimentell
bestimmen könnten — wenn die anderen bekannt sind. So ist die Theorie
der größte Förderer wissenschaftlicher Forschung.
Kehren wir zu Ohms Gesetz zurück, so finden wir, daß es zu Unter
suchungen Anlaß gibt, die den Einfluß von Wärme, Druck und Zeit auf die
Leitfähigkeit verschiedener Stoffe betreffen, sowie den Einfluß der Ver
dünnung auf die Leitfähigkeit der Elektrolyte. Diese Untersuchungen haben
dann wieder in unserer Zeit die elektrolytische Dissoziations-Theorie er
geben. In dieser Theorie wurde Ohms Gesetz mit anderen Gesetzen ge
meinschaftlich benutzt, die aus van’t Hoffs Theorie über den Gefrierpunkt,
von Lösungen herflossen.