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Weise folgern, daß auch alle gelösten Moleküle in verdünnten Lösungen
im Mittel genau dieselbe lebendige Kraft, wie die Gasmoleküle bei der
selben Temperatur haben. Da die gelösten Moleküle mit denjenigen des
Lösungsmittels Zusammenstößen und ihre lebendige Kraft mit diesen aus-
gleichen, so folgt weiter, daß alle Moleküle bei derselben Temperatur dieselbe
mittlere Bewegungsenergie besitzen, welche der absoluten Temperatur pro
portional zunimmt. Dies gilt auch für feste Lösungen also für feste Körper
überhaupt.
Wir wollen uns jetzt einem für die Bestimmung der Atomgewichte
äußerst wichtigen Gesetze zuwenden, dem Dulong und Petitschen Ge
setze, auf das durch die Annahme, daß alle Moleküle, auch diejenigen
der festen Körper, eine gleiche Bewegungsenergie besitzen, Licht ge
worfen wird. Die beiden französischen Forscher, deren Namen das Ge
setz trägt, haben (1819) gefunden, daß das Produkt aus Atomgewicht und
spezifischer Wärme — die sogenannte Atomwärme — für alle Elemente
nahezu gleich ist, und etwa 6,4 beträgt. Einige auffallende Ausnahmen
von dieser Regel, vor allem Kohlenstoff, Silizium und Beryllium, hat
Weber 1 ) näher untersucht und dabei für Kohle folgende Werte bei ver
schiedenen Temperaturen gefunden.
Temperatur
0 C. C p für Diamant. Temperatur 0 C.
C p für Grs
- 50
0,0635
— 50
0,1138
+ 10
0,1128
+ 10
0,1604
85
0,1765
61
0,1990
250
0,3026
250
0,3250
606
0,4408
641
0,4454
985
0,4589
978
0,4670
Die spezifische Wärme steigt stark mit der Temperatur, aber an
fangs viel schneller als später, so daß es scheint, als ob sie einem Grenz
werte — etwa 0,5 — sich näherte, welcher für beide Kohlenarten gleich ist.
Die Atomwärme würde also für Diamant von etwa 0,75 bei —50 bis auf 6,0
und für Graphit von etwa 1,37 bei —50 auf 6,0 bei hoher Temperatur zu
nehmen. Ähnliche aber geringere Zunahmen kommen bei Bor, Silizium (nach
Weber) und Beryllium (nach Nilson und Petterson 1 2 ) vor. Man könnte
danach meinen, daß bei hoher Temperatur vielleicht die Atomwärme für
alle Körper gleich würde. Dies scheint aber nicht zuzutreffen, denn auch
die Atomwärme anderer Körper nimmt mit der Temperatur beträchtlich
1 ) H.F. Weber, Poggend. Ann. 154, 367, 1875.
2 ) Nilson und Pettersson, Ber. d. deutschen chem. Ges. 13, 1451, 1880.