Full text: Theorien der Chemie

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Chlorionen oben im Wasser, und ein äquivalenter Überschuß von Na 
triumionen unten in der Lösung vorhanden sein wird. Nun führen die 
Ionen ihre elektrischen Ladungen mit, so daß oben das Wasser negativ 
geladen werden muß, die Lösung darunter positiv. Durch diese elektrische 
Ladung werden die negativen Chlorionen mit einer gewissen Kraft zurück- 
gehalten und die positiven Natriumionen aus der Lösung hinaufgezogen. 
Wenn wir die Kraft, die die Ionen antreibt, ehe eine elektrische Ladung 
sich ausgebildet hat, und die auf ihrem osmotischen Druck beruht, 
F nennen, und die elektrische Kraft A, dann wird die Kraft, die die 
Chlorionen treibt, durch F—A, und die Kraft, die die Natriumionen treibt, 
durch F-f-A dargestellt. Sobald F + A 1,5 mal so groß wie F —A ist, 
werden in der Zeiteinheit ebensoviel Natrium- wie Chlorionen in das Wasser 
empordringen. Es ist nicht schwer die Menge der Elektrizität und der 
Chlorionen zu berechnen, die für diesen Effekt erforderlich sind. Man 
findet, daß in einem zylindrischen Gefäß von 10 cm Höhe und 10 cm 
Durchmesser der billionste Teil eines Milligramms Chlorionen genügt. Die 
chemische Analyse wird nie imstande sein, diese Menge zu entdecken, 
elektrisch dagegen läßt sie sich leicht nachweisen. Eben auf diesem Wege 
berechnete Nernst 1 ) die elektromotorische Kraft von Konzentrations 
elementen, die aus zwei verschieden konzentrierten Lösungen desselben 
Salzes und zwei unpolarisierbaren Elektroden aufgebaut sind. Die elektro 
motorische Kraft einiger Konzentrationselemente war schon im Jahre 1881 
von Helmholtz 2 ) auf Grund thermodynamischer Überlegungen berechnet 
worden, van’t Hoff hatte außerdem 1885 3 ) die Berechnung der elektro 
motorischen Kraft auf die Gleichgewichtskonstante des in der galvanischen 
Zelle sich abspielenden Prozesses zurückgeführt. Nernsts Rechnung stimmt 
mit der von Helmholtz überein, wenn in den Gleichungen, die den Dampf 
druck der Lösungen enthalten, diese Größe mittels des Raoultschen Ge 
setzes als eine Funktion der Konzentration ausgedrückt wird. Nernsts 
theoretische Ableitung hat vor der Helmholtzschen den Vorzug, daß sie 
sich auf leicht zu handhabende kinetische Vorstellungen gründet. Anderer 
seits ist die Ableitung von Helmholtz für alle Konzentrationen gültig, 
die Nernstsche nur für verdünnte Lösungen. 
Der besprochene Einwand hat wahrscheinlich verhindert, daß die 
Hypothese des dissoziierten Zustandes der Elektrolyte, zu der z. B. Valson 
und Bartoli neigten, schon früher in Aufnahme gekommen ist. 
D Nernst, Z. f. phys. Ch. 2, 617, 1888. 4, 129, 1889. 
2 ) Helmholtz,Sitzungsber. d. Berl. Ak. d.Wiss. Juli 1882. Ges. Abh. II, 979. 
3 ) van’t Hoff, Svenska Vetenskaps-Akaderniens Handlingar, Bd. 21 , No. 
17, S. 50, 1885, abgedruckt ln Ostwalds Klassiker No. 110, S. 74. 1900.
	        
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