Full text: Theorien der Chemie

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Wir haben hier den einfachsten Fall des Gleichgewichts betrachtet, 
wo die beiden Ionen in derselben Konzentration zugegen sind. Es ist leicht, 
einen Überschuß von dem einen Ion herzustellen, z. B. durch Zusatz eines 
Azetates zur Essigsäure. Wie aus der letzten Gleichung hervorgeht, wird 
die Konzentration der H-Ionen in annähernd demselben Verhältnis sinken, 
wie die Konzentration der Azetationen vermehrt wird, denn in wässerigen 
verdünnten Lösungen sind beinahe alle Moleküle der Säure nicht dissoziert, 
d. h. die Konzentration der undissozierten Moleküle bleibt praktisch nahezu 
konstant. Mit Hilfe katalytischer Prozesse ist es, wie wir gleich sehen 
werden, möglich, die Konzentration der H-Ionen zu bestimmen. Die Resultate 
der Beobachtungen zeigten sehr gute Übereinstimmung mit der Rechnung 1 ). 
Auch das allgemeine Gleichgewichts-Gesetz zwischen einer beliebigen 
Anzahl von Elektrolyten läßt sich leicht in derselben Weise ableiten. Ein 
einfacher Fall dieses allgemeinen Gleichgewichts ist von Thomsen und 
Ostwald experimentell behandelt worden und betrifft die sogenannte Avi- 
dität der Säuren. Es werden äquivalente Mengen zweier Säuren und einer 
Base gemischt; es stellt sich dann ein Gleichgewicht zwischen den beiden 
Säuren und den beiden möglichen Salzen ein. Die relativen Mengen der 
einzelnen Stoffe können nach den S. 149 beschriebenen Methoden bestimmt 
werden. Das Verhältnis zwischen den beiden gebildeten Salzen wird die 
relative Avidität der beiden Säuren genannt. Beispiel: 100 cm 3 normaler 
Salpetersäure und die äquivalenten Mengen Dichloressigsäure und Natrium 
hydroxid werden miteinander gemischt, es bilden sich 0,76 Äquivalente 
Natriumnitrat und 0,24 Äquivalente Natriumdichlorazetat. Die relative Avi 
dität von HN0 3 und CHCLCOOH wird danach angegeben zu 0,76:0,24 = 3,17. 
Ich gebe hier Messungen von Ostwald, die bei 25° C an normalen Lösungen 
ausgeführt sind. Zum Vergleich sind die Zahlen angegeben, die aus der 
Leitfähigkeit der betreffenden Säuren und Salze berechnet sind; die Über 
einstimmung ist befriedigend. 
Salpetersäure : 
Dichloressigsäure 
0,76 : 
0,24 
0,69 : 
: 0,31 
Salzsäure : 
99 
0,74 : 
: 0,26 
0,69 : 
: 0,31 
Trichloressigsäure : 
99 
0,71 : 
: 0,29 
0,69 : 
: 0,31 
Dichloressigsäure : 
Milchsäure 
0,91 : 
0,09 
0,95 : 
: 0,05 
Trichloressigsäure : 
Monochloressigsäure 
0,92 : 
: 0,08 
0,91 : 
: 0,09 
99 
Ameisensäure 
0,97 : 
: 0,03 
0,92 : 
: 0,08 
Ameisensäure : 
Milchsäure 
0,54 : 
: 0,46 
0,56 : 
: 0,44 
99 
Essigsäure 
0,76 : 
: 0,24 
0,75 : 
: 0,25 
99 
Buttersäure 
0,80 : 
: 0,20 
0,79 : 
: 0,21 
99 
Isobuttersäure 
0,79 : 
: 0,21 
0,79 
: 0,21 
0 Vgl. Arrhenius, Z. f. phys. Ch. 5, 1, 
1890. 
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