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dieser Vermehrung, des sogenannten „Neutralisations-Volumens“ gemacht.
Wie die Theorie verlangt, ergab sich dieses Volumen gleich bei der Neutrali
sation aller starken Säuren mit starken Basen bei hoher Verdünnung, und
zwar beträgt es bei 15 01 ) 19,6 cm 3 per Gramm-Äquivalent. Z. B. werden
für die folgenden Säuren die Neutralisations-Volumen gefunden:
Neutralisation mit
KOH
NaOH
Salpetersäure HN0 3
20,0
19,8
Chlorwasserstoffsäure HCl
19,5
19,2
Bromwasserstoffsäure HBr
19,6
19,3
Jodwasserstoffsäure HJ
19,8
19,5
Die vorhandenen kleinen Unterschiede erklären sich zum Teil aus der
unvollständigen elektrolytischen Dissoziation der benutzten Elektrolyte, zum
Teil aus Versuchsfehlern.
Bei der Neutralisation schwacher Säuren mit KOH und NaOH fand
Ostwald sehr verschiedene Werte. Sie müßten berechnet werden können,
wenn uns die Volumänderung bekannt wäre, die bei der elektrolytischen
Dissoziation der undissoziierten Moleküle dieser Säuren entsteht. Diese
Volumänderung ist nicht direkt meßbar, aber sie läßt sioh aus der
Änderung der Leitfähigkeit mit dem Drucke berechnen, wie Planck 2 )
thermodynamisch abgeleitet hat. (Vgl. S. 156.) Fanjung 3 ) bestimmte
experimentell die Leitfähigkeit verschiedener Säuren bei verschiedenen
Drucken zwischen 1 und 500 Atm. und berechnete aus seinen Zahlen
das Neutralisations-Volumen folgender schwacher Säuren: (Die berech
neten Werte sind in der folgenden Tabelle verglichen mit dem Mittel
der von Ostwald an KOH und NaOH experimentell gefundenen Werte).
N eutralisations-V olumen
beob. (Ostwald) berechn. (Fanjung)
Ameisen-Säure
7,7 cm 3
8,7
Essig-
10,5
10,6
Propion- „
12,2
12,4
Butter- „
13,1
13,4
Isobutter- „
13,8
13,3
Milch- „
11,8
12,1
Bernstein- „
11,8
11,2
Male'in- „
11,4
10,3
Die Übereinstimmung ist befriedigend.
0 Vgl. Tammann, Zeitschr. f. phys. Ch. 16, 143,
1895.
2 ) Planck, Ann. d. Ph. u. Ch. (3), 32, 494, 1887.
3 ) Fanjung, Z. f. phvs. Ch. 14, 673, 1894.