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Unter D steht der Quotient U: n t n 2 . Wie ersichtlich ist dieser bei einer
gegebenen Temperatur fast konstant. Diese Regel ist von Noyes ge
geben, unter Abänderung eines älteren Satzes von Ostwald. 1 )
Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, sinkt der Dissoziationsgrad stark
bei zunehmender Temperatur. Dies gilt auch für die meisten schwach
dissoziierten Elektrolyte bei höheren Temperaturen. Bei gewöhnlicher Tem
peratur (20°) weichen jedoch viele von dieser Regel ab, wie Essigsäure
und Bernsteinsäure, sowie sehr schwache Säuren, wie Phenol und Cyan
wasserstoff, Zuckerarten usw., deren Neutralisationswärmen geringer als
die Dissoziationswärme des Wassers ausfallen (vgl. S. 197). Auch die
Dissoziation des Wassers geht nach Noyes durch ein Maximum bei etwa
260° C (vgl. S. 199), so daß oberhalb dieser Temperatur seine Dissoziations
wärme negativ sein sollte. Die Abnahme der Dissoziation der meisten in Wasser
gelösten Körper wird von Noyes in Zusammenhang mit einer von Sir
J. J. Thomson 2 ) und Nernst 3 ) gegebenen, theoretisch abgeleiteten Regel ge
bracht, wonach die elektrolytische Dissoziation mit der Dielektrizitätskon
stante zunimmt. Die Dielektrizitätskonstante des Wassers nimmt bei steigen
der Temperatur ab, etwa im Verhältnis 1,4 zu 1 zwischen 18° C und 100° C. 4 )
Die Beweglichkeit der verschiedenen Ionen nimmt mit steigender Tempe
ratur zu, und zwar bei den einwertigen so, daß je geringer sie sind, um so
stärker die Zunahme ist. Deshalb nähern sich die Leitfähigkeiten der ent
sprechenden Elektrolyte bei steigender Temperatur einander. Chlorwasser
stoff, das in sehr verdünnter Lösung bei 18° C 2,91 mal besser leitet als
KCl besitzt bei 306° C nur 1,27 mal so große Leitfähigkeit wie dieses Salz.
Für Natriumhydrat sind die entsprechenden Ziffern bei 18° C 1,67, bei 218° C
1,29, für Natriumchlorid bei 18° C 0,84, bei 306° C 0,96, für Natriumazetat
bei 18° C 0,60, bei 306° C 0,82. Die zweiwertigen Ionen nehmen stärker an
Beweglichkeit zu als die einwertigen und Noyes vermutet, daß sie bei sehr
hohen Temperaturen doppelt so schnell wandern wie die einwertigen, weil sie
gleiche Reibung, aber doppelte Ladung, also doppelte Treibkraft, wie die
einwertigen Ionen bei hoher Temperatur besitzen. Für das Sulphation
in K 2 S0 4 scheint dies schon bei 300° der Fall zu sein. Bei dem Ba-Ion
in Ba (N0 3 ) 2 trifft dies noch nicht bei 306° zu.
Wenn die Lösungen zweier schwacher Säuren HA und HA 4 gemischt
werden, die dieselbe Anzahl Ionen im cm 3 enthalten (man nennt solche
x ) Ostwald, Zeitschr. f. phvs. Cli. 1, 74 und 97, 1887. Waiden, Zeitschr.
f. phys. Ch 1, 529, 1887, 2, 79, 1888, 8, 775, 1891.
2 ) J. J. Thomson, Phil. Magazine (5) 36, 320, 1893.
3 ) W. Nernst, Ztschr. f. phys. Chemie 13, 531, 1894.
4 ) Drude, Wied. Ann. d. Ph. und Ch. (3) 59, 50, 1896.