Full text: Theorien der Chemie

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aber manchmal ist das die einzige anwendbare Methode. Wenn wir auf 
diese Weise ein reelles Gesetz gefunden haben, so wird sich in der Ab 
weichung der beobachteten Mittelwerte von den mit Hilfe des Gesetzes be 
rechneten eine Regelmäßigkeit kund tun, in der Art, daß diese Differenzen 
proportional der Quadratwurzel aus der Anzahl Beobachtungen abnehmen. 
Einige Naturgesetze scheinen exakt gültig zu sein. So sind z. B. 
Versuche ausgeführt worden, um die Gültigkeit des Ohmschen Gesetzes 
zu prüfen, zwischen den äußersten möglichen Grenzen; die Intensität des 
Stromes wechselte von dem niedrigsten Wert, den wir mit Hilfe eines 
Galvanometers noch genau messen können, bis zu den stärksten Intensi 
täten, die moderne elektrische Maschinen zu erreichen gestatten. Das Er 
gebnis war, daß keine Abweichung gefunden werden konnte, die die Ver 
suchsfehler überstieg. Andre solche Gesetze sind z. B. Newtons Gesetz 
der Anziehung zwischen zwei materiellen Körpern, das entsprechende Ge 
setz von Coulomb für elektrische Quantitäten, Sn eil s Gesetz der 
Brechung von Lichtstrahlen und die beiden Gesetze der Thermodynamik. 
Aber es gibt eine andere Klasse von Gesetzen, die häufiger zu sein 
scheinen; sie gelten nur innerhalb bestimmter Grenzen. Als Beispiel eines 
solchen Gesetzes mag das von Boyle oder Mariotte angesehen werden. 
Dieses Gesetz besagt: Wenn wir eine gegebene Menge eines gasförmigen 
Stoffes, z. B. Sauerstoff, in ein Gefäß von variablem Volumen einschließen 
(z. B. in einen Zylinder, in dem ein Kolben geht), so ist der Druck des 
Gases dem Volumen des Gefäßes umgekehrt proportional. Das gilt für 
sehr niedrige Drucke, wie Rayleigh 1 ) vor kurzem gezeigt hat, aber bei 
höheren Drucken treten merkliche Abweichungen auf. Die ersten Unter 
suchungen über Boy 1 es Gesetz führten nicht zur Beobachtung dieser Ab 
weichungen; daher bestand die Meinung, daß das Gesetz genau wäre. 
Weitere Untersuchungen, die im Anfänge des 19. Jahrhundert von franzö 
sischen Gelehrten ausgeführt wurden, zeigten Abweichungen, aber die 
Experimentatoren waren von der Genauigkeit des Boyleschen Gesetzes 
so überzeugt, daß sie die ziemlich unbedeutenden Abweichungen übersahen, 
die sie beobachtet hatten. Wenn wir nun ihre experimentellen Ergebnisse 
nachprüfen, so finden wir, daß fast alle beobachteten Abweichungen in 
dieselbe Richtung fallen, nämlich daß bei kleinen Volumen der beobachtete 
Druck kleiner als der berechnete war. In der Natur der Versuchsfehler 
liegt es nun, daß sie ebensoviel in die eine Richtung wie in die entgegen 
gesetzte fallen. Fehler, die alle in eine Richtung fallen, nennen wir syste 
matische Fehler, und sie sind einer bestimmten Ursache zuzuschreiben, die 
*) Rayleigh, Z. f. phys. Qh. 37, 713,1901. 41, 71,1905. 42, 705, 1905.
	        
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