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Proust war dicht bei der Entdeckung des Gesetzes der multiplen
Proportionen. Wenn er z. B. bei seinen Versuchen über die zwei Ver
bindungen des Zinns mit Sauerstoff oder der zwei ihm bekannten Sulfiden
des Eisens die Mengen Sauerstoff ausgerechnet hätte, die mit einer Ge
wichts-Einheit Zinn in den beiden Oxyden verbunden sind, oder die Mengen
Schwefel, die mit einer Gewichts-Einheit Eisen in den beiden Sulfiden ver
bunden sind, so wäre er wahrscheinlich zu der Entdeckung des Gesetzes
geführt worden, das jetzt D alto ns Namen trägt. Dieser englische Physiker
und Chemiker beschäftigte sich mit dem Verhalten der Gase in der Atmo
sphäre 1 ), und kam dadurch zu Versuchen, das relative Gewicht zu erforschen,
mit dem diese Gase und andre Elemente in ihre Verbindungen eingehen.
Seine Experimente waren nicht sehr genau, wie wir aus seinen Tabellen
sehen werden, aber seine Begabung für Abstraktion führte ihn den richtigen
Weg. Wenn wir die modernen Zeichen benutzen, die Berzelius in die
Chemie eingeführt hat (und gegen die Dal ton merkwürdig genug stark
opponierte, zugunsten seiner eigenen viel unbequemeren Symbole), und
wenn N 4 Gewichtsteile Stickstoff vorstellt, 0 5,66 Sauerstoff, H 1 Wasser
stoff, C 4,5 Kohlenstoff und S 17 Schwefel, so stellte Dalton als Resultat
seiner Experimente hin (1803), daß folgende Verbindungen die gegebene
Zusammensetzung hätten:
Oxydiertes Stickgas N 2 0
Ammoniak
NH
Salpeter-Gas
NO
Kohlenoxyd
CO
Salpetrichte Säure
n 2 0 3
Kohlensäure
co 2
Salpetersäure
NO,
Schweflichte Säure SO
Wasser
HO
Schwefelsäure
S0 2
Sumpfgas
CH 2
ölbildendes Gas
CH
Es ist leicht zu sehen, daß diese Daten ziemlich große Versuchs
fehler enthalten, wenn wir sie mit unseren jetzigen Kenntnissen über die
wahre Zusammensetzung dieser Stoffe vergleichen. Später (1808) ver
besserte Dalton seine Tabellen und setzte das Verbindungsgewicht des
Sauerstoffs gleich 7 statt 5,66 und das des Kohlenstoffs gleich 5 statt 4,5,
aber sie waren noch weit davon entfernt, genau zu sein. „Trotzdem“, be
merkt Roscoe mit Recht in seinem Buch über Dalton, „ungeachtet seiner
rohen Versuchsmethoden, stehen Daltons Resultate den größten Merk
steinen unserer Wissenschaft gleich.“ Die allgemeine undeutliche Hypo
these von Demokritos hatte hier eine konkrete Form angenommen, und
x ) Vgl, Roscoe u. Harden, Die Entstehung der Daltonschen Atom
hypothese. (Monographien z. Geschichte d. Chemie, herausg. von Kahlbaum,
Heft 2. Leipzig 1898).