die Hydratation mit der Beständigkeit überkühlter Salzschmelzen oder über
sättigter Salzlösungen zusammenhängt.
Es ist in dieser Beziehung sehr bezeichnend, daß Henry Armstrong,
der eifrigste Vertreter der sogenannten Hydrattheorie, welche alle Eigen
schaften wässeriger Lösungen mit Hilfe der Annahme von Hydraten zu
erklären sucht, zu dem Schluß kommt, daß es zweifelhaft erscheint, ob man
jemals eine einfache Theorie der Lösungen (auf dem von ihm einge
schlagenen Wege) wird entwickeln können, ] )
Ein besonderes Interesse hat sich den Mischungen zugewandt, die ohne
Änderung der Zusammensetzung von einem Aggregatzustand in den andern
übergehen. Zu dieser Kategorie gehören die sogenannten Kryohydrate, von
denen wir oben einige Beispiele gegeben haben. Wenn wir eine schwache
Lösung von Natriumchlorid in Wasser einer niedrigen Temperatur unter
werfen, so friert das Wasser in Gestalt von Eis aus der Lösung aus. Durch
diesen Vorgang wächst die Konzentration der Lösung und infolgedessen
sinkt ihr Gefrierpunkt. Das geht so fort, bis die Lösung an Natriumchlorid
gesättigt ist. Wenn dann weiter Eis aus der Lösung ausfriert, so wird ihr
Sättigungspunkt überschritten und es muß daher auch eine entsprechende
Menge Salz sich ausscheiden, so daß die Lösung gesättigt bleibt. Mit anderen
Worten, die Konzentration der Lösung bleibt unverändert (gesättigte Lösung),
und infolgedessen muß die Mischung von Eis und Salz, die sich ausscheidet,
ebenfalls dieselbe Zusammensetzung haben, und der Gefrierpunkt bleibt
konstant. Das geschieht bei —21,3° C, bei welcher Temperatur die ge
sättigte Lösung eine Zusammensetzung von 35,5 g Salz auf 100 g Wasser
hat. 2 ) Diese Zusammensetzung entspricht sehr nahe der Formel NaCl-f
9H 2 0. Hätten wir andrerseits eine Lösung von höherem Salzgehalt gehabt,
etwa 37,5 Teile Salz auf 100 Teile Wasser bei 100°, und hätten wir diese
Lösung abgekühlt, so wäre sie bei einer bestimmten Temperatur (etwa 70°)
gesättigt geworden. Bei weiterer Abkühlung hätte sie Salzkristalle aus
geschieden, da die Löslichkeit mit fallender Temperatur sinkt. Das wäre
so fort gegangen, bis wir die Temperatur —21,3° C erreicht hätten. Dann
enthielte die gesättigte Lösung' 35,5 Teile Salz auf 100 Teile Wasser, genau
wie im vorhergehenden Fall, und folglich würde von da ab eine Mischung von
derselben Zusammensetzung bei der konstanten Temperatur von —21,3° C
ausfrieren. So finden wir, daß eine Lösung von Natriumchlorid bei der Ab
kühlung anfänglich Eis oder Salz ausscheidet, schließlich aber ohne Änderung
x ) Armstrong, Eyre, Hussey und Paddison Proc. Roy. Soc. A. 79,
564. 1907. Vgl. auch S ent er, Transactions of the Faraday Society 3, 146, 1907.
2 ) Eine richtige Deutung dieser Verhältnisse gab schon vor mehr als
hundert Jahren Blagden, wie Abegg neuerdings nachgewiesen hat.
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