Full text: Theorien der Chemie

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der Formel HCl + 8H 2 0. Nun besteht eine allgemeine Methode, verschiedene 
chemische Individuen voneinander zu trennen, in der Destillation ihres Ge 
misches, und der Zweck wird in den meisten Fällen erreicht, weil sie dem 
Fall des Alkohols und Wassers analog sind, wo kein Maximum des Siede 
punktes bei einem bestimmten Verhältnis der gelösten Körper auf tritt. (Vgl. 
die punktierte Kurve des Diagramms.) 
Den Chemikern war dieser Weg, chemische Verbindungen zu reinigen, 
so geläufig, daß sie auch im vorliegenden Falle, wie in so vielen anderen, 
in dem konstanten Siedepunkt das Kennzeichen eines chemischen Individuums 
zu sehen glaubten. Sie neigten deshalb der Annahme zu, daß Moleküle der 
Formel HCl + 8H 2 0 existieren. Daß diese Ansicht nicht richtig ist, hat 
Roscoe 1 ) gezeigt, der Salzsäure bei anderen Drucken destillierte, nämlich 
5, 70, 80 und 180 cm. Bei diesen Drucken wurden andere Zusammen 
setzungen der mit maximalem Siedepunkt destillierenden Säuren gefunden, 
als für den Druck von 76 cm charakteristisch ist. Der Prozentgehalt war 
statt 20,24% resp. 23,2, 20,4, 20,2 und 18,0%. Nun verlangen wir nach 
Daltons Gesetz von einem chemischen Individuum, daß es unter ver 
schiedenen Umständen die gleiche Zusammensetzung hat. Der Alkohol z. B., 
den wir aus wässerigen Alkohol-Lösungen destillieren, hat immer dieselben 
Eigenschaften, der Druck, unter dem wir destillieren, ist dabei ganz gleich 
gültig. Darum schloß Roscoe, daß das Maximum in der Siedepunkts-Kurve 
der Chlorwasserstoff-Lösungen keinen Beweis für die Existenz eines Hydrates 
abgibt, das der Formel HCl-f-8H 2 0 entspricht. 
Dieser Schluß kann auf einem andren Wege nachgeprüft werden. Wir 
können zwei gemischte Körper nicht nur durch Destillation voneinander 
trennen, sondern auch durch Ausschütteln mit einem dritten Stoff, z. B. 
Benzol, oder durch Ausfrieren der Mischung. Der zweite Weg ist hier gang 
bar. Wenn wir eine schwache Lösung von Chlorwasserstoffsäure frieren 
lassen, so ist der Vorgang beinahe derselbe wie beim Frieren einer schwachen 
Chlornatrium-Lösung. Wasser scheidet sich in Form von Eiskristallen aus 
der Lösung aus, und die Stärke der Lösung nimmt daher zu. Das geht stetig 
weiter, bis wir einen Punkt erreichen, wo die Zusammensetzung der sauren 
Lösung der Formel HCl-)-8H 2 0 entspricht. Wenn Moleküle dieser Zu 
sammensetzung beständig wären, so wäre zu erwarten, daß sie sich aus der 
Flüssigkeit bei weiterer Abkühlung ausscheiden, und also deren Zusammen 
setzung konstant bleiben würde, wie bei der Verdampfung. Das geschieht 
nicht. Vielmehr friert Wasser aus, und die Stärke der Lösung nimmt zu, 
x ) Roscoe u. Dittmar Ann, Chem. Pharm. 112 , 337, 1859. Roscoe 
ebenda, 116 , 203, 1860.
	        
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