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handen zu sein, wenigstens nicht in irgend erheblichem Umfang. In der
anorganischen Natur scheinen Moleküle, die sich aus einer sehr großen
Anzahl Atome aufbauen, nicht beständig zu sein.
4. Kapitel: Diskussion der Gültigkeit des Daltonschen Gesetzes.
Wir haben schon bei mehreren Gelegenheiten darauf hingewiesen, wie
die Existenz von vielen Atomarten und ihr Vorkommen in Verbindungen
nach bestimmten Verhältnissen, das Besondere und von allen physikalischen
Verhältnissen Abweichende der Chemie ausmacht. Es erscheint viel natür
licher, nur eine ursprüngliche Stoffart als vorhanden anzunehmen, und man
könnte vermuten, daß dieser Urstoff der Lichtäther sei, der den ganzen
Raum samt den Intervallen zwischen den materiellen Molekülen ausfüllt.
Das Bestreben ist immer von neuem hervorgetreten, eine Vorstellung von
der Umwandlung des Äthers in Materie und umgekehrt zu gewinnen. Nach
dieser Ansicht muß das, was wir Materie nennen, ein Teil des Äthers sein,
der sich irgendwie von dem gewöhnlichen, unwägbaren, den Raum er
füllenden Äther unterscheidet. Die einfachste Annahme scheint zu sein,
daß der Unterschied in dem Bewegungszustand besteht. Nun lehrt die
Hydrodynamik, daß in einer reibungslosen Flüssigkeit Wirbel existieren
können und daß diese Wirbel vollständig unzerstörbar sind. Die Vorstellung
solcher unzerstörbaren Wirbel bietet einige Analogie mit der Idee unzerstör
barer Atome, die wir uns auf Grund unserer chemischen Erfahrungen ge
bildet haben. Mathematische Physiker haben sich auch bemüht, andere
Eigenschaften von Wirbeln aufzufinden, die mit den experimentell bekannten
Eigenschaften der Atome übereinstimmen, und diese Arbeit ist teilweise
von Erfolg gekrönt worden. Aber die große Schwierigkeit, diese Hypothese
zu handhaben, steht im schroffen Gegensatz zu der Einfachheit, die die Ab
leitungen aus der Atomtheorie auszeichnet. Da aber eine Theorie desto
besser ist, je leichter sie zu behandeln ist, ebenso wie ein Werkzeug, so ist
die Vorstellung, daß die Materie aus Ätherwirbeln besteht, von den Chemikern
nicht viel aufgenommen worden. So viel ich weiß, hat diese Idee zu der
Entdeckung keiner neuen Erscheinung und keines neuen Gesetzes geführt.
Dazu kommt, daß es schwer ist, sich etwas derartiges, wie eine reibungs
lose Flüssigkeit, vorzustellen, da alle Flüssigkeiten, mit denen wir zu tun
haben, durch ihre Reibung charakterisiert sind. Ferner können die Wirbel
in einer reibungslosen Flüssigkeit ebensowenig erzeugt werden, wie es
unmöglich ist, sie zu vernichten. Sie müßten seit Ewigkeit bestanden haben
und wären von dem gewöhnlichen Äther in derselben Art verschieden, wie