55
Berzelius’ eigene Vorstellung von der Ursache der elektrischen
Ladung der Atome war sehr unklar. Er war der Ansicht, daß die Atome
schon ehe sie in Berührung kommen, elektrisiert sind. Jedes Atom kann
zugleich sowohl positive wie negative Elektrizität tragen. Die Ladungen
dachte er sich um zwei Pole gesammelt. Je nachdem die Wirkung des
positiven oder des negativen Poles vorwiegt, zeigen die Atome positive oder
negative Eigenschaften, d. h., werden zum negativen oder positiven Pol
der Voltaschen Säule gezogen.
Ampère sprach 1821 die Meinung aus, daß die Atome eine gewisse
unveränderliche elektrische Ladung besitzen, z. B. Kalium eine positive. So
lange das Atom frei ist, hält es an seiner Oberfläche eine Ladung von
gleicher Größe und entgegengesetztem Vorzeichen fest, die es aus dem um
gebenden Medium zieht. Der ganze Komplex ist auf diese Weise neutral.
Wenn ein negatives und ein positives Atom in Berührung kommen, brauchen
Hz SOt^-f-aq
Fig. 7. Nach Faraday.
ihre Ladungen keine Elektrizität mehr aus dem umgebenden Medium an
zuziehen, sondern binden sich gegenseitig, und die äußeren Ladungen ver
schwinden.
Über diese Frage kam es zu keiner Klarheit, bis Faraday 1834 sein
Gesetz entdeckte, wonach bei der Elektrolyse verschiedener chemischer Ver
bindungen die gleiche Elektrizitätsmenge äquivalente Mengen der ver
schiedenen Produkte in Freiheit setzt, die an den Elektroden erscheinen.
Er nannte diese Produkte „Ionen“ (das Wort bedeutet „Wanderer“, weil die
Ionen aus der Flüssigkeit zu den Elektroden hinwandern). Zur Prüfung
seines Gesetzes ließ er dieselbe Elektrizitätsmenge durch zwei hinterein
ander geschaltete Gefäße gehen, wie Fig. 7 zeigt. Wenn der Strom eine
gewisse Zeit geflossen war, wurde die Menge der abgeschiedenen Ionen
gemessen. Beispielsweise enthielt das eine Gefäß Stannochlorid, das durch
eine untergestellte Spirituslampe im Schmelzen erhalten wurde, das andere
Gefäß war ein Voltameter mit angesäuertem Wasser. Er fand, daß sich
3,2 Gran Zinn niedergeschlagen hatten, während im Voltameter 3,85 Kubik-