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Gebrauch machen können, daß dasselbe Atom bald positiv und bald negativ
sein kann, wie er es z. B. für Stickstoff angenommen hatte.) Helmholtz
erinnerte daran, daß schon Faraday die Ansicht ausgesprochen hat, der
Schwefel wäre im Silbersulfid negativ geladen, in konzentrierter Schwefel
säure dagegen positiv. Später vermutete Faraday, daß die Ausscheidung
des Schwefels aus Schwefelsäure eine „sekundäre“ Wirkung sein möchte.
Bei der Elektrolyse starker Schwefelsäure kann Wasserstoff das Kation
(positive Ion) sein, das sich hinterher mit dem Sauerstoff der Säure verbindet
und den Schwefel austreibt. Aber wenn das auch der Fall ist, so hat doch
der Wasserstoff seine positive Ladung behalten, wenn er nach seiner
Wiedervereinigung mit Sauerstoff Wasser gebildet hat, und was positive
Ladung an die negative Elektrode abgibt, muß doch der Schwefel sein.
Folglich muß dieser Schwefel der Schwefelsäure mit positiven Äquivalenten
Elektrizität geladen sein. Dieselbe Überlegung kann auf viele andere Fälle
angewandt werden. Jetzt erhebt sich die Frage: „Sind diese Beziehungen
zwischen Elektrizität und chemischer Verbindung auf die Körperklasse be
schränkt, die wir als Elektrolyte kennen?“ Helmholtz gibt zwei scharfe
Methoden an, elektrolytische Leitfähigkeit zu entdecken. Die eine be
steht in der Beobachtung der sogenannten elektrolytischen Polarisation,
nachdem ein Strom durch den elektrolytischen Leiter gegangen ist. Wenn
wir zwei Platinbleche in eine elektrolytische Flüssigkeit tauchen, und sie
eine Zeitlang mit einer galvanischen Batterie verbinden, und dann die
Batterie durch ein Quadrantelektrometer ersetzen, so zeigt sich eine Poten
tialdifferenz zwischen den beiden Platinblechen. Das beruht auf einer Ver
änderung in der Natur der Platinbleche, sie sind mit dünnen Schichten der
beiden Zersetzungsprodukte bedeckt, die der Strom aus der elektrolytischen
Flüssigkeit abgeschieden hat. Ein Schüler von Helmholtz, Picker, führte
derartige Versuche aus; als Batterie benutzte er acht Daniell-Elemente, die
er während 24 Stunden auf die Flüssigkeit wirken ließ, deren elektrolytische
Leitfähigkeit er prüfte. Er erhielt Elektrometer-Ausschläge, die in reinstem
Alkohol, Äther und Terpentinöl 0,35 Volt betrugen, in Benzol etwa 0,9 Volt.
Die andere Methode besteht darin, zwei Bleche von verschiedenen
Metallen — z. B. Zink und Platin — an den zwei Seiten einer dünnen Platte
der zu untersuchenden Substanz dicht anzulegen, wenn sie fest ist, oder
durch eine dünne Schicht der als flüssig vorausgesetzten Substanz zu trennen,
und dann zu prüfen, ob eine Potentialdifferenz zwischen den zwei Blechen
herrscht. „Wenn die Berührung lange genug dauert, so geben selbst Glas,
Harz, Schellack, Paraffin, Schwefel, die besten Isolatoren, die wir kennen“,
dieselben Effekte wie Elektrolyte: „Alle diese Tatsachen beweisen, daß die
elektrolytische Leitung sich durchaus nicht auf die Lösung der Säuren,