180° in inaktive über. Im allgemeinen ist es möglich, durch Erhitzen
mit oder ohne Chemikalien die inaktiven Modifikationen aus den aktiven
darzustellen.
Ganz anders liegen die Sachen bei den Cis- und Transformen. Die
Atome, oder Atomkomplexe, befinden sich in verschiedener Lage zu ein
ander, nicht wie bei optischen Isomeren in gleichen. Die beiden isomeren
Körper haben daher wesentlich verschiedene physikalische und chemische
Eigenschaften, insbesondere auch verschiedene Stabilität. Bei gewöhnlicher
Temperatur in wässriger Lösung ist die Fumarsäure stabiler als die Malein
säure, diese Säure kann daher durch Zusatz katalytisch wirkender starker
Säuren in jene umgewandelt werden, wie Kekule nachgewiesen hat. Ebenso
wirkt Erhitzen auf 200° in 10—30°/oiger Lösung. Dagegen gelingt es,
Fumarsäure durch Destillation in Maleinsäureanhydrid umzuwandeln, wobei
die Tendenz der Maleinsäure, bei höherer Temperatur Wasser abzuspalten,
wirksam wird. Aus dem Anhydrid kann man Maleinsäure wiedergewinnen.
Daß diese Umwandlungen irgendwie mit der Anschauung lokalisierter
Valenzen im Atom im Widerspruch stehen, wie Werner behauptet, kann
ich nicht zugeben.
Unter den Forschern auf diesem Gebiet ist vor allem der Engländer
W. J. Pope 1 ) zu nennen. Um die zwei als Spiegelbilder sich verhaltenden
sogenannten enantiomorphen Formen eines Körpers voneinander zu trennen
benutzte Pasteur verschiedene Methoden, von welchen eine darauf beruht,
daß, wenn der Körper eine Säure oder Basis ist, sein Salz mit einer optisch
aktiven Basis oder Säure verschiedene Löslichkeit für die beiden Formen
besitzt. Zu diesem Zweck benutzte man hauptsächlich die in der Natur vor
kommende Rechtsweinsäure. Viel bessere Dienste hat die von Pope und
seinem Mitarbeiter Peachey angewandte Kampfersulfonsäure und ihre
Halogenderivate geleistet. Mit deren Hilfe hat man nicht nur viele Kohlen
verbindungen untersucht, sondern auch ähnliche Verbindungen mit anderen
vierwertigen Atomen, nämlich von Schwefel, Selen und Zinn aufgefunden.
Ein ähnlicher Erfolg wurde mit dem fünfwertigen Stickstoffatom erzielt.
Zu diesen hat Kipp in g auch Silizium, den nächsten Verwandten des Kohlen
stoffs gefügt. Betreffs des assymmetrischen Stickstoffs liegen ebenfalls inter
essante Untersuchungen von Wedekind * 2 ), Buckney und Jones 3 ) vor.
Betreffs der Größe der Drehung der Polarisationsebene hat Guye
einen beachtenswerten Versuch gemacht, dieselbe aus der Größe der Assym-
metrie, berechnet aus der Ungleichheit der vier am selben Kohlenstoff
U Pope: Journ. Chem. Soc. 77, 1072, 1900.
2 ) Wedekind: Berl. Ber. 39, 474. 1904.
3 ) Buckney und Jones: Journ. Chem. Soc. 91, 1821, 1907.
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