Full text: Lehrbuch der organischen Chemie zur Einführung in das specielle Studium derselben

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Beziehungen zwischen den physikalischen und 
Zusatz von Borsäure zu einer Lösung von gewöhnlicher 
(rechts-drehender) Weinsteinsäure vergrössert die Drehung; 
heim Erwärmen verringert sich die optische Thätigkeit der 
Weinsteinsäure, und die Drehung geht zuletzt in die entgegen 
gesetzte Richtung über. Das Calciumsalz der rechtsdrehenden 
Weinsteinsäure, welches in einer wässrigen Lösung rechts dreht, 
dreht links, wenn es in Salzsäure gelöst wird. Die durch 
Lösungen der gewöhnlichen (rechten) Glycose (Traubenzucker) 
hervorgebrachten Drehung nimmt beim Erwärmen ab; ausser 
dem dreht eine frische, in der Kälte verfertigte Lösung der 
selben gleich nach ihrer Anfertigung stärker und nach einiger 
Zeit schwächer. 
101. An den Krystallen eines krystallisirbaren optisch-wirk 
samen Körpers treten fast immer hemiedrische Flächen auf. *) 
Solche Flächen erscheinen auch an den Krystallen des Quarzes. 
Der bestimmten Lage der hemiedrischen Flächen auf der rechten 
oder linken Seite entspricht auch eine bestimmte Richtung der 
Drehung: die rechts drehenden Quarzkrystalle besitzen soge 
nannte rechte, die links drehenden linke hemiedrische Flä 
chen. Krystallisirt man die Krystalle eines Körpers, welche eine 
gleichartige bestimmte Hemiedrie zeigten, um, und äusserte 
dieser Körper seine optische Thätigkeit nur in krystallinischer 
Form, so werden nach dem Umkrystallisiren Krystalle mit 
beiden Hemiedrien erhalten. In Krystallen solcher Körper hin 
gegen, die mit moleculärem Drehungsvermögen begabt sind, 
entspricht einer bestimmten und beständigen Richtung der 
Drehung auch eine bestimmte und beständige Hemiedrie: alle 
Krystalle der gewöhnlichen Weinsteinsäure äussern beständig 
eine und dieselbe Hemiedrie und zwar die rechte. — Hier 
sind die Beziehungen, auf die zuerst Pasteur hingewiesen, 
*) Hemiedrische Flächen sind solche, welche nicht an allen gleich 
namigen Theilen des Krystalls, sondern nur an der Hälfte derselben 
auftreten. Ein Vergrössern dieser Flächen würde ein Verwandeln des 
Krystalls in eine hemiedrische Form zur Folge haben: aus dem Octaëder 
kann z. B. auf diese Weise ein Tetraeder entstehen. Wenn die Hemiedrie 
an gewissen Formen auftritt, so können die hemiedrischen Flächen bald 
auf der einen, bald auf der anderen, entgegengesetzten Seite des Krystalls 
erscheinen. Ein Krystall erscheint dann als das Spiegelbild des anderen, 
ihre Formen sind nicht überdeckbar, nicht congruent (non superposables), 
und man kann nach der Lage der hemiëdrischen Flächen eine rechte und 
eine linke Hemiëdrie unterscheiden.
	        
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