254 II. Verbindungen des Kohlenstoffs mit bivalenten Elementen.
Das Conylenglycol ist eine in Wasser fast unlösliche Flüssig
keit von aromatischem Geruch, die bei circa 135° siedet.
Ein in seiner Zusammensetzung dem Conylenglycol ana
loger Körper ist das Terpin (s. § 113) C10H20O2 = O2.
Seine alkoholische Natur äussert sich in der Fähigkeit, bei
Einwirkung der Haloidverbindungen des Phosphors Haloid-
anhydride (z. B. CioHisBn), und bei Wechselwirkung von
Terpin und Essigsäureanhydrid einen besonderen zusammen
gesetzten Essigsäureäther ( Oppenheim) zu geben. Bei seiner
Fähigkeit, das Wasser leicht ausuzscheiden und den Kohlenwas
serstoff C10H1« zu bilden, kann das Terpin nicht als vollkom
menes Analogon der eigentlichen Glycole gelten, muss vielmehr
als Pseudoglycol betrachtet werden.
Von den weniger gesättigten Dihydraten der Kohlenwas
serstoffe erscheinen die einen als Pseudoglycole, von anderen
sind nur ihre Substitutionsderivate bekannt, während die Hy
drate selbst noch nicht bereitet worden sind. Hierher ist viel
leicht der Pyrosehleimalkohol zu zählen, welcher bei Einwirkung
von Natriumamalgam mit Wasser oder von Alkalien (s. ij 1S1 >
auf Furfurol (Pyroschleimsäurealdehyd) (Beilstein) und Pyro-
schleimsäure (S t a 1 m an n) entsteht. Seine Zusammensetzung
ist CöHo02. Ein wahrer zweiatomiger Alkohol von der näch
sten weniger gesättigten Reihe scheint der Phtulalkohol Cs Hi00 >
zu sein, welcher durch Reduction von Phtalsäure vermittelst
Natriumamalgam erhalten ist (Kolbe und Wischin).
Als zweiatomige Alkohole, die ihrer Zusammensetzung nach
dem einatomigen Benzylalkohol entsprechen und einander iso
mer sind, können das Saligenin und das Orcin O2 gelten.
Saligenin erhält man durch Zersetzung von Salicin, einem
eigenthümlichen Glycoside (dem Derivate einer Zuckerart:
Glycose), das in der Rinde von Weiden (Piria) vorkommt. Es
ist ein weisser krystallinischer Körper, der sich in heissem
Wasser und Alkohol leicht, in kaltem Wasser schwer löst und
beim Erwärmen sublimirt. Wie die eigentlichen Alkohole geht
das Saligenin bei regelmässiger Oxydation, was besonders in
teressant ist, anfangs in Salicylsäurealdehyd CtHoO’ (ein Isomer
der Benzoesäure) oder sogenannte spiroylige Säure über, als
dann verwandelt es sich in Salicylsäure CS IL, 0:i, die sich zum