290 II. Verbindungen des Kohlenstoffs mit bivalenten Elementen.
Vierte Gruppe.
Säuren oder Hydrate der Oxykolilenwasser-
stoff radicale.
Allgemeine Characteristik der Säuren ; ihre Atomigkeit und Basicität.
162. Viele Hydrate besitzen die Fähigkeit, bei Einwirkung
von Alkalien den Wasserstoff ihrer Wasserreste gegen Metalle
zu vertauschen. Diese Befähigung ist auch an einigen Hy
draten der Kohlenwasserstoffradicale (zuckerartigen Körpern,
Phenolen) bemerkbar, sie kommt jedoch besonders den meisten
Hydraten zu, in deren Radical Sauerstoff enthalten ist, und da
her werden hauptsächlich diese, da sie gewöhnlich auch einen
sauren Geschmack besitzen, Säuren genannt.
Da Säuren einerseits synthetisch durch Addition der Gruppe
[(CO/'HOf zu Kohlenwasserstoffradicalen erhalten werden kön
nen, und andererseits bei gewissen Zersetzungen (z. B. bei der
Eleetrolyse, vgl. 106, 108 und 110) Kohlenwasserstoffgruppen
geben, die ihrer Zusammensetzung nach Säure vorstellen, welche
die Gruppe [(CO)"HO] verloren hat, so gelangt man zuin Schluss,
dass der Säurecharaeter — die Fähigkeit, ihren Wasserstoff’
leicht gegen Metall auszutauschen — den Wasserresten zu-
kommt, die unmittelbar mit oxydirtem Kohlenstoff 1 CO vereinigt
sind. Dieser Schluss stimmt auch mit dem Umstande überein,
dass, wenn die Zahl der in der Säure enthaltenen Wasserreste
die Anzahl der in ihrem einfachen Radical befindlichen Sauer
stoffatome übersteigt, nicht alle Wasserreste mit einem Säure-
character begabt erscheinen, sondern nur einige von ihnen,
und zwar gewöhnlich so viele, als Sauerstoffätome im Ra
dical enthalten sind (vgl. § 142). Die übrigen Wasserreste be
halten dann den alkoholischen Character bei, denjenigen
Charaeter, welcher ihnen eigen ist, wenn sie mit Kohlenwasser
stoffgruppen (mit h;/droyenisirtem Kohlenstoff ) vereinigt sind,
wie dies in den Alkoholen der Fall ist.
Es versteht sich von selbst, dass auch solche Fälle auf-
treten können, wo die Anzahl der im Radical enthaltenen