292 II. Verbindungen des Kohlenstoffs mit bivalenten Elementen.
der Aldehyde) in ihrer ungemein leichten Zersetzbarkeit
durch Wasser, wobei das Haloi'd durch Wasserreste substituirt
und die Säure regenerirt wird, welcher das mit dem Haloi'd
verbunden gewesene Badical angehörte. Es ist einleuchtend, dass
die Anzahl der Wasserstoffatome, die sich an diesen für Säuren
characteristischen Substitutionsreactionen betheiligen, auf die
Basicität der Säure hinweist, während die Anzahl der Wasser
stoffatome, welche zu den nicht nur bei Säuren, sondern
auch bei Alkoholen stattfindenden Keaetionen fähig sind, die
Atomigkeit der Säure bestimmt.
So wird z. B. in der Glycolsäure CbHjO;} bei Einwirkung
von Alkalien nur ein Atom Wasserstoff durch Metall substi
tuirt, während bei Einwirkung von Fünffachchlorphosphor, unter
dessen Einfluss in Säuren wie in Alkoholen die Wasserreste
durch Chlor substituirt werden, aus ihr das Chloranhydrid
C2H2OCI2 entsteht. Dieses letztere vertauscht bei Einwirkung
von Wasser nicht beide, sondern nur ein Chloratom gegen
einen Wasserrest, und geht in die Säure ^-^ClOj q über.—
Diese Thatsachen in’s Auge fassend, ist es leicht, die Glycol
säure als zweiatomige einbasische zu erkennen und ihr, das
über den Zusammenhang des sauren Wasserrestes mit dem oxy-
dirten Kohlenstoff Gesagte in Betracht ziehend, die rationelle
Formel:
zu geben. Diese Formel wird auch durch Entstehungsweise
der Glycolsäure und ihr Verhalten bestätigt.
Ib4. Jede Säure enthält, je nach ihrer Basicität, eine oder
mehrere Gruppen (CO.HO/, und wenn die Atomigkeit der
Säure deren Basicität übersteigt, so sind in ihr noch, direct
mit hydrogenisirten Kohlenstoffatomen vereinigte Wasserreste
vorhanden. Die chemische Struetur der Gruppe iCO,HOi muss
jedoch, gerade wie die eines Wasserrestes, wenn man keine Ver
schiedenheit der Aftinitätseinheiten annimmt (s. § 47), offenbar
stets dieselbe sein. Daher ist es klar, dass der einzige Grund
Isomerie der Säuren überhaupt.