ß. Cyanverbindungen.
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werden Cyanverbindungen stets erhalten, wenn ein Alkali,
Kohle und Stickstoff, in freiem Zustande oder in Verbindungen,
einander hei erhöhter Temperatur begegnen.
Freies Cyan C2N2 = (CNte (Oxalonitril) wird, ausser aus
oxalsaurem Ammoniak, auch durch Zerfallen von Cyansilher
oder Cyanquecksilber beim Erhitzen erhalten. Bei gewöhn
licher Temperatur ist es ein farbloses Gas mit betäubendem
Geruch; bei —25° verdichtet es sich zur Flüssigkeit; ange-
zündet verbrennt es an der Luft mit characteristischer violetter
Flamme. Cyan ist in geringer Menge in Wasser löslich; diese
Lösung zersetzt sich alsbald, wobei hauptsächlich oxalsaures
Ammoniak gebildet wird; ist Essigsäurealdehyd zugegen, so
entsteht Oxamid (vgl. § 259).
Mit Schwefelwasserstoff (mit einem oder mit zwei Molecülen)
giebt das Cyanmolecül eigenthümliche gelbe krystallinische
Verbindungen.
Bei Gewinnung von Cyan aus Cyanquecksilber oder Cyan
silber bildet sich noch das dem Cyan polymere Paracyan, ein
braunes Pulver, das durch Erwärmen ohne Rückstand in Cyan
übergeführt werden kann.
Cyanwasserstoff (Blausäure, Formonitril, Ac. borussicum)
wird gewöhnlich durch doppelte Zersetzung von Cyanalkali-
metallen, oder deren Doppelsalzen, mit Chlorwasserstoff- oder
Schwefelsäure erhalten. Cyanwasserstoff ist eine farblose Flüs
sigkeit, die bei —f— 26°,5 siedet, bei —15° erstarrt, und mit Wasser
in jedem Verhältniss mischbar ist. In stark verdünntem Zustande
riecht er nach bitteren Mandeln, concentrirt ist sein Geruch er
stickend, unangenehm und characteristisch. Cyanwasserstoff ist
mit violetter Flamme brennbar; flüssig sowohl wie gasförmig
ist er höchst giftig. Derselbe ist ein sehr unbeständiger Körper;
in trockenem Zustande zersetzt er sich leicht in Ammoniak und
eine braune pulverige Substanz von wenig bekannter Zusam
mensetzung (Azulmsäure), und mit eoncentrirter Salzsäure ge
mischt, verwandelt er sich augenblicklich in Salmiak und
Ameisensäure; in wässeriger Lösung geht er theilweise
auch in ameisensaures Ammoniak über. Durch Alkalien wird
diese Umwandlung beschleunigt, durch Zusatz einer Säure ver
zögert. Mit Chlor-, Brom- oder Jodwasserstoff, Chloracetyl und
verschiedenen Chlormetallen kann Cyanwasserstoff krystallini
sche Verbindungen geben (Gautier, Gal). Diese Verbin