6. Cyanverbindungen.
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säure ein Alkoliolradical steht, so müssen offenbar die Producte
seiner Verwandlung- mit Wasser verschieden sein, je nach der
Structur von Cyanttr und dem dieser Structur entsprechenden
Reaetionsgange (A. W. Hofmann):
1. (CR')N + 2H 2 0 - {co HO) + H:lN
2. C(K'N) + 2H 2 0 — CH2O2 + K'HiN .
Die Nitrile erleiden in der That die der ersteren Gleichung
entsprechende Metamorphose, nun sind aber auch diejenigen
mit den Nitrilen metameren Cyanüre der Alkoholradicale ent
deckt worden, deren Verwandlung gemäss der zweiten Glei
chung verläuft und in denen also das Cyan als durch seine
Stickstoffaffinität mit dem Alkoholradicale zusammenhängend
zu betrachten ist. — Diese Cyanüre können durch Destillation
der Amine mit Chloroform und Kalilauge erhalten werden
(A. W. Hofmann); z. B.:
Anilin Phenylcyanür
Cl *} N + CHCI > - c,hJ n + 3HCI
Amylamin
^N + CHCb-^N + SHOl.
Sie entstehen auch bei doppelter Zersetzung der Jodanhydride
der Alkoholradicale mit Cyansilber (Gautier, A. W. Hof-
mann). Durch diese letztere Methode sind Methyl- und Aethyl-
cyanür erhalten worden (Gautier), und auch das Allycyanür
scheint auf dieselbe Weise sich bilden zu können. Die neuen
Cyanüre scheinen auch stets in grösserer oder kleinerer Menge,
neben den Nitrilen, bei den anderen doppelten Zersetzungen
aufzutreten, bei Einwirkung der Jodüre der Alkoholradicale auf
Cyankalium und bei der Destillation von Cyankalium mit äther
schwefelsauren Salzen.
Die in Rede stehenden Cyanüre sind ölige Flüssigkeiten
mit unerträglich unangenehmem Gerüche. Ihre Dämpfe wirken
ähnlich erstickend wie Blausäure.*) Ihr Siedepunct scheint im
*> Dieser Aeknlichkeit nach zu urtheilen, scheint im Cyanwasserstoff
üas Wasserstoffätom eher mit dem Stickstoff-, als mit dem Kohlenstoffatom
zusammenzuhängen. Demnach wäre der Cyanwasserstoff mehr den neuen
Cyanüren als den Nitrilen analog.