Full text: Lehrbuch der organischen Chemie zur Einführung in das specielle Studium derselben

6. Cyanverbindungen. 
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von trockenem Aetzkali, verdoppelt sicli Cyanacetyl und giebt 
ein Polymer, Dicyancliacetijl, einen krystallinischen Körper, der 
bei circa 208° siedet. — Wirkt man mit gebromtem Bromacetyl 
auf Cyansilber, so kann man zwei Isomere (vgl. § 226) j(yQß r 1 > 
und |(j(y(Hübner) erhalten. Beide sind krystallinisch; 
die erstere Verbindung ist in Aether weit schwieriger löslich, 
als die zweite, und giebt mit Alkalien Ammoniak und Malon- 
säure (vgl. § 184), während die zweite, indem sie Cyan in 
Gestalt von Cyanwasserstoff verliert, Bromessigsäure bildet. 
Zwischen dem Verhalten des Cyans, welches mit CH2 der 
Gruppe verbunden ist, und dem des mit CO derselben 
Gruppe verbundenen Cyans besteht also ein bedeutender Unter 
schied; jenes verhält sich gegen Keagentien wie Nitrilcyan (und 
ist also wahrscheinlich durch Kohlenstoffaffinität gebunden), 
dieses ähnlich den Haloiden der Säurehaloidanhydride. — Als 
Beispiele solcher Cyanverbindungen, die auch Wasserreste ent 
halten, mögen dienen Glycolcyanhydrin, Cyanessig- und Cyan 
propionsäure, Substanzen, die ihrer Umwandlung wegen zwar 
interessant, doch in reinem Zustande wenig bekannt sind (vgl. 
§§ 179 und 184). 
273» Der einfachsten Sauerstoffverbindung des Cyans, der 
Cyansäure *“gjO, entsprechen Polymere: iJicyansäure O2, 
Iricyan- oder Cyanursäure ^ 1 j'j ' J O3 und Cyamelid mit unbe 
kanntem (wahrscheinlich aber bedeutendem) Moleculargewicht. 
Der erste der genannten Körper ist äusserst unbeständig und 
geht leicht in einen der beiden letztgenannten Uber. Umge 
kehrt gehen alle Polymere beim Erwärmen in Cyansäure über, 
und hierauf basirt die Darstellungsmethode der letzteren. Cya 
melid, indem es mit concentrirter Schwefelsäure erwärmt wird, 
kann auch in Cyanursäure verwandelt werden. Cyansäure ist 
flüssig, flüchtig und hat einen scharfen Geruch, der an Essig 
säure erinnert. In einer gut abgekühlten Vorlage aufgefangen, 
beginnt sie, sobald die Temperatur etwas steigt, sich zu trü 
ben, Wärme zu entwickeln, zu sieden und geht in Cyamelid, 
das eine weisse, amorphe, unlösliche, porcellanähnliche Masse
	        
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