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Einiges über die chemische Bedeutung verschiedener
entschiedeneren Einfluss, als z. B. die Quantität des vorhan
denen Wasserstoffs. Die Stellung des Sauerstoffs im Moleeiil
spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, und zu dem Allen kommt
noch der die wichtige Bedeutung von Sauerstoff erhöhende Um
stand, dass unter den sogenannten Organogenen (Kohlenstoff,
Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff) der Sauerstoff das ein
zige Element ist, welches in vielen Fällen leicht und unmittel
bar in die Zusammensetzung der kohlenstoffhaltigen Molecüle
tritt (Oxydation von Alkoholen und Aldehyden u. s. w.). Sauer
stoff, der durch beide Affinitätseinheiten an Kohlenstoff gebun
den ist, zeigt im Allgemeinen das Bestreben dem Molectil einen
säureartigen Character zu verleihen: war dasselbe, als es Was
serstoff an Stelle des eingetretenen Sauerstoffs enthielt, alkalisch,
so zeigen sich jetzt seine alkalischen Eigenschaften nur schwach,
oder sind gänzlich verschwunden, war das Molectil sauer, so
werden, mit Zunahme der Quantität Sauerstoff, die sauren Eigen
schaften gesteigert. Ueberhaupt verliert jede Substanz, indem
ihr Sauerstoffgehalt zunimmt, das Streben mit säureartigen
Körpern in Wechselwirkung zu treten, und erlangt die Neigung
mit alkalischen Substanzen zu reagiren.
Ein eigentümlicher Character kommt, wie es scheint, dem
Sauerstoff zu, wenn er in der Gruppe (CHO)' enthalten ist,
und auch in einigen andern Fällen (im Aethylenoxyd u. a.) —
ein Character, der eine besondere Function dieser Molecüle
bedingt. Hier besitzt das Sauerstoffatom die characteristisehe
Beweglichkeit, die Eigenschaft, — durch die Hälfte der Affini
tät mit seinem Kohlenstoff verbunden bleibend — mit der an
dern Hälfte auf neue Atome oder Gruppen einzuwirken (Oxy
dation der Aldehyde, Uebergang derselben in Polymere, Ent
stehung von Hydrataminen, Polyäthylenalkoholen u. s. w.).
Die Addition von Sauerstoff zum Kohlenstoff des Molecüls
oder das Vergrössern der Sauerstoffquantität in der Zusammen
setzung von Körpern wird erreicht entweder durch directe Oxy
dation (Einwirkung der atmosphärischen Luft, besonders mit
Hilfe von Platinschwamm, von Ozon, von Metallhyperoxyden
und Säuren, z. B. Manganhyperoxyd und Schwefelsäure, von
doppeltchromsaurem Kalium mit Schwefelsäure,• von Salpeter
säure u. s. w.) oder durch doppelte Zersetzungen (Wechselwir
kung zwischen Haloidderivaten und Oxyden u. s. w.). Eine
Verringerung der Quantität von Sauerstoff — und gewöhnlich