Full text: Experimentelle Einführung in die unorganische Chemie

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Theorie der wäßrigen Lösungen 
zuerst bildenden kleinen Mengen Sulfat sich alsOy,nicht ausscheiden, und die Um 
setzung deshalb im ersten Stadium stehen bleibt. Eingehender, als das hier mög 
lich ist, sind die Verhältnisse dieser interessanten Umsetzung in dem in der Ein 
leitung an erster Stelle erwähnten Buche von W. Ostwald dargelegt. 
Aus diesem Beispiele ersieht man, daß selbst die am schwersten löslichen 
Stoffe, und zu diesen gehört Bariumsulfat und Bariumcarbonat, in gewissem 
Grade in Wasser löslich sind. Ganz unlösliche Stoffe gibt es nicht; wohl 
aber ist bei einer Reihe von Stoffen der Grad der Löslichkeit ein so geringer, daß 
sie für praktische Zwecke als unlöslich gelten können;^. B. braucht 1 g Barium 
sulfat bei 25° zur Lösung über 430 1 reines Wasser; in schwefelsäurehaltigem 
Wasser ist die Löslichkeit des Bariumsulfats noch bedeutend geringer; viele Stoffe, 
wie z. B. zahlreiche Metalle, sind noch viel weniger, aber immerhin doch nach 
weisbar in Wasser löslich. 
Eine Folgerung davon ist, daß absolute Trennungen durch Fällung un 
möglich sind. Wenn wir “mit den besten analytischen Hilfsmitteln einen Stoff 
aus einer Lösung ausgefällt haben, bleibt stets noch ein, wenn auch sehr geringer 
Teil davon in Lösung zurück. Für die qualitative und x'och in höherem Maße für 
die quantitative Analyse sind zu Trennungen nur diejenigen Fällungsumsetzungen 
brauchbar, bei denen der zurückbleibende Anteil möglichst klein ist. 
Theorie der wäßrigen Lösungen 
Die unverdünnten Säuren, Basen und Salze bestehen im allgemeinen 
aus solchen Molekeln, als durch ihre Formeln ausgedrückt wird. Beim Auflösen 
in Wasser geht aber in mehr oder weniger starkem Maße ein Spaltungsprozeß 
vor sich. Eine verdünnte, wäßrige Lösung von Chlorwasserstoffsäure enthält 
z. B. nicht mehr die Molekeln HCl, sondern sie enthält die neuen Molekeln H 
und CI; diese Teilmolekeln sind von den Atomen Wasserstoff und Chlor völlig ver 
schieden, und zwar besonders dadurch, daß sie mit beträchtlichen Mengen Elek 
trizität geladen sind:, das Wasserstoffatom mit positiver, das Chloratom mit 
der gleichen Menge negativer Elektrizität. Diese elektrisch geladenen Spaltungs- 
stücke werden mit dem Namen „Ionen“ bezeichnet; den Spaltungsprozeß selbst 
nennt man „elektrolytische Spaltung“ oder „Ionisation“. Führt man 
in geeigneter Weise Elektrizität zu einer Lösung eines elektrolytisch gespaltenen 
Stoffes, so nehmen die Ionen je die entgegengesetzte Elektrizität auf, als mit 
der sie selbst geladen sind, und gehen in die elektrisch neutralen Atome oder 
Atomgruppen über, die sich dann ausscheiden oder sich chemisch weiter umsetzen; 
bei Verwendung von Chlorwasserstoffsäure würde elektrisch nicht geladenes 
Chlorgas und Wasserstoff gas entweichen. 
Ionen: Durch die elektrolytische Dissoziation zerfallen die Säuren in 
positiv geladene Wasserstoffionen und negativ geladene Säurerestionen oder 
„Anionen“ (z. B. H' und CF; H\ H und S0 4 " oder H' und HS0 4 '; H' und 
H 2 P0/); die Basen zerfallen in die negativ geladenen Hydroxylionen und die 
positiv geladenen Baserest ionen oder „Kationen“ (z. B. OH' und Na'; OH', 
OH' und Ca"); Säuren können demnach definiert werden als Stoffe, die in wäß 
riger Lösung Wasserstoff ionen abspalten, Basen als Stoffe, die in wäßrigir 
Lösung Hydroxylionen abspalten; die Salze schließlich zerfallen in positive 
Baserest ionen (Kationen) und negative Säurerest ionen (Anionen); (z. B. Na' 
und CF; NH 4 ' und N0 3 '). 
Ein positives Elektrizitätsquantum ist mit einem Punkte angedeutet, z. B. 
ff, ein negatives Elektrizitätsquantum mit einem Striche, z. B. OH'. Ionen, 
die zwei oder mehr Elektrizitätsquanten aufgenommen haben, werden mit zwei 
oder mehr Punkten oder Strichen versehen. Alle positiven Elektrizitäts 
quanten müssen wir untereinander als gleich auffassen und als 
gleichwertig den negativen Elektrizitätsquanten, die ihrerseits alle
	        
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