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— Längenbestiramung aus Mondculminationen. —
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einem Orte zu einer bestimmten Zeit das Azimut des Mondes zu messen, —
daraus unter Voraussetzung der Polhöbe, der Neigung der Mondbahn, der
Länge des Mondknotens und der Lage des zur Zeit der Beobachtung cul-
minierenden Punktes der Ekliptik, durch Benutzung von fünf rechtwinkligen
Kugeldreiecken die Ltänge des Mondes zur Beobachtungszeit zu berechnen, —
und schliesslich aus einer Ephemeride die Zeit zu suchen, zu welcher der Mond
diese Länge an dem Orte besass, auf welchen sich die Ephemeride bezieht :
Aus der Differenz der beiden Zeiten wird sodann auf den Unterschied der
beiden Meridiane geschlossen. Die an einem fingierten Beispiele durchgeführte
Lösung kann als scharfsinnig bezeichnet werden, hatte aber offenbar (auch
abgesehen von der Vernachlässigung der Parallaxe) keinen praktischen Wert,
da die Voraussetzungen kaum zulässig und die Rechnungen zu mühsam waren.
— Für die von Bouguer empfohlene Längenbestimmung aus Mondhöhen vgl.
dessen „Nouveau traité de navigation. Paris 1753 in 4. (Nouv. éd. par Lacaille
1769)“, — für eine von Radau proponierte Methode, aus Azimutaldifferenzen
und Zenitdistanzen von Mond und einem Sterne eine Längenvergleichung zu
erhalten, A. N. 1294 von 1861. — b. Bemerkenswert ist, dass Rothmann
(vgl. Mon. Corr. XII von 1805) etwa 1567 Tycho aufforderte, fieissige Mond
beobachtungen zur Bestimmung der Längendifferenz zwischen Kassel und
Uranienburg zu machen; da aber keine Resultate bekannt sind, so ist dennoch
William Baffin (1584 — 1622; engl. Seefahrer, dessen Name die Bay an der
Westküste von Grönland trägt) als der erste zu betrachten, der die neue
Methode mit Erfolg in die Praxis einführte, da uns Peschei (gestützt auf
„Rundall, Voyages towards the North-West“) nicht nur Andeutungen über
betreffende Versuche desselben A. 1612, sondern über eine im Sommer 1615,
wo sein Schiff lange in der Iludsonsstrasse zwischen Eis festlag, wirklich
ausgeführte Bestimmung folgenden Detail zu geben weiss: „Nachdem Baffin
am 21. Juni eine Mittagslinie gezogen und die Breite des Ortes zu 63° 40'
bestimmt hatte, gelang es ihm am nächsten Tage, durch eine Sonnenhöhe die
Zeit des Monddurchganges, der in London (nach den Ephemeriden) 4 h 54"’ 30 s
stattgefunden hatte, auf 5 h 4 m 52 8 (oder um 622 s später) zu bestimmen. Der
Mond hatte an jenem Tage eine östliche Bewegung von 12° 38' (oder 3025 1 /-/),
so dass er 74° 5' (oder 622 : 3025 1 3 = 0,206 d = 4,94 h ) westlichen Abstand von
London erhielt, ein Ergebnis, welches sich nach Sir E. W. Parry der Wahrheit
(allerdings bei dem damaligen Zustande der Instrumente und Tafeln als ein
Geschenk des Zufalls) bis auf 1° nähert“. — c. Nachdem die Methode von
Baftin durch die Schriften „Dorothei Alimari, Mathematici Veneti, Longitudinis
aut terra aut mari investigandæ methodus. Londini 1715 in 8., — Charles
Leadbetter, A compleat System of Astronomy. London 1728, 2 Vol. in 8., — etc.“
etwas allgemeiner bekannt und genauer präcisiert worden war, und etwas
später der Ingenieur Etienne Lécuyer de la Jonchère (Montpensier 1690 —
England 1740) und der (sonderbarer Weise von Lalande ignorierte) Seemann
Joseph-Bernard Marquis de Chabert (.Toulon 1723 — Paris 1805) bei ver
schiedenen Gelegenheiten (vgl. namentlich die von dem Erstem dem englischen
Parlamente gewidmete Schrift „Découverte des longitudes estimées générale
ment impossibles à trouver, suivies de Tables dressées sur lejjremier méridien,
pour en procurer à toutes personnes l’usage facile tant par terre que par mer,
tous lès jours et en tous lieux. 1734 ou 1735, s. 1. in 8.“ und das von dem
Zweiten 1766 in die Par. Mém. eingerückte „Mémoire” sur l’état actuel de
l’entreprise pour la rectification des cartes marines de la Méditerranée“)