Full text: Theorie der Instrumente und Messungen (3. Halbbd.)

434 — Das sog. Geoid und die internationale Erdmessung. — 221 
Zu 4S4: n. Bessel definierte in seiner Schrift von 1838 (vgl. 427) die 
hei astronomisch-geodätischen Arbeiten in Betracht kommende Figur der Erde 
als „diejenige Fläche, iu welcher sich die Oberfläche des Wassers eines mit 
dem Meere zusammenhängenden, die Erde bedeckenden Netzes von Kanälen 
befinden würde“, — sagte wohl auch, dass sich sein Ellipsoid zur wirklichen 
Gestalt der Erde „wie der ruhige Spiegel eines Sees zu dessen schwach be 
wegter Oberfläche“ verhalte. — Den Namen Geoid soll zuerst Listing in seiner 
Abhandlung von 1873 (vgl. c) vorgeschlagen haben. — b. Ich beschränke mich 
darauf, anzuführen, dass sich namentlich auch Ph. Fischer und J. H. Pratt 
(vgl. ihre Schriften in c) grosse Verdienste um diese neuere Entwicklung der 
Geodäsie erwarben, und verweise im übrigen auf die unten (am Schlüsse von c) 
noch zu vervollständigende Fachlitteratur. — c. Schon im März 1833 sagte 
Bessel (vgl. pag. 59 seiner „Vorlesungen“): „Während man früher glaubte 
durch Vermehrung der Genauigkeit der Messung kleinerer Bögen alles Er 
forderliche leisten zu können, hat man jetzt erkannt, dass man nur von weit 
ausgedehnten Unternehmungen erheblichen Nutzen ziehen kann, — von so weit 
ausgedehnten, dass die Unregelmässigkeiten der Figur gegen die Grösse der 
Erdfläche, welche von der Messung bedeckt wird, verschwinden. Dieses er 
fordert weniger neue Gradmessungen als eine Verbindung der schon vorhandenen 
untereinander. Es fehlt nur noch wenig und man wird Messungen besitzen, 
welche, ohne Unterbrechung, von den Balearischen Inseln bis nach Lappland, 
und von dem nördlichen Teile von Schottland bis nach Dalmatien gehen“. In 
weiterer Ausführung dieses Gedankens wurde sodann einige Decennien später 
durch Bessels langjährigen Mitarbeiter Baeyer verschiedenen Staaten 18G1 ein 
„Entwurf zu einer mittel-europäischen Gradmessung“ unterbreitet, und dieser 
wurde so beifällig aufgenomraen, dass nicht nur alsbald die gewünschten Er 
gänzungsarbeiten angeordnet wurden und für deren einheitliche Durchführung 
Abgeordnete der sämtlichen Länder zu einer internationalen Kommission zu 
sammentraten, sondern sogar der ursprüngliche Plan noch bedeutend ausgedehnt 
werden konnte: Abgesehen davon, dass durch den Beitritt anderer Länder die 
„mitteleuropäische“ schon 1867 in eine „europäische“ und 1886 sogar in eine 
„internationale Erdmessung“ überging, sind zu der anfänglich in Aussicht ge 
nommenen Aufgabe, eine Kette von Punkten zu erhalten, welche sowohl astro 
nomisch durch Länge und Breite gut bekannt, als geodätisch durch Polar- 
coordinaten sicher aufeinander bezogen seien, noch Pendelmessungen (432) und 
Nivellements (433) hinzugekommen, während überdies durch Gründung eines 
„Bureau international des poids et mesures“ die nötigen Garantien geboten 
wurden, dass die in den verschiedenen Ländern angewandten Längeneinheiten 
miteinander übereinstimmen. Es unterliegt gegenwärtig wohl keinem Zweifel 
mehr, dass die erst von Baeyer und seit seinem Tode von Ibannez mit ebensoviel 
Liebe als Einsicht geleitete Arbeit binnen kurzem die wichtigsten Aufschlüsse 
geben und für den Erstgenannten das schönste Denkmal bilden wird. — Zum 
Schlüsse führe ich zur Ergänzung der geodätischen Litteratur noch folgende 
Schriften auf: „Louis Puissant (La Ferme in Seine-et-Marne 1769 — Paris 
1843; Prof. geod. und Akad. Paris; vgl. „Eloge“ durch Elie de Beaumont 1870), 
Traité de géodésie. Paris 1805 in 4. (3 éd. 1842 in 2 Vol.), — Francoeur, Géo 
désie. Paris 1835 in 8. (6 éd. 1878), — Alexei Pawlowitch Bolotof (Russland 
1803 — Frankreich 1853; Cursus der Geodäsie. Petersburg 1836—37, 2 Bde. 
in 8. (russisch; 2. A. 1845—49), — Gauss, Untersuchungen über Gegenstände 
der höhern Geodäsie. Göttingen 1844—47 in 4., — Philipp Fischer (Darmstadt
	        
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