Full text: Theorie der Instrumente und Messungen (3. Halbbd.)

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— Einfluss und Bestimmung von Parallaxe und Refraktion. — 439 
Zu 4.19: a. Wie Posidonius bald nach der Zeit von Hipparch dazu kam, 
anzunehmen, es betrage die Distanz des Mondes 52V 8 , diejenige der Sonne 
aber 13095 Erdradien, weiss man absolut nicht und kann somit auch nicht 
entscheiden, ob die entsprechenden Parallaxen 65',9 und 15“,6, von welchen 
erstere gegenüber Hipparch einen erheblichen Rückschritt, die zweite dagegen 
einen enormen Fortschritt konstatieren würde, als wirkliche Messungsresultate 
angesehen werden dürfen. So weit man jedoch die damaligen Instrumente und 
Verfahren kennt, muss man letzteres wenigstens in Beziehung auf die Sonnen 
parallaxe entschieden bezAveifeln und geht kaum irre, wenn man sie als Er 
gebnisse einer blossen Spekulation betrachtet und mit Ptolemäus ignoriert. 
Und wenn wir in der etwa aus dem Ende des 13. Jahrhunderts stammenden 
Kosmographie des Syriers Dimashqui (1254? — 1327) Zahlen finden, welche mit 
(^ = 16‘/ 6 ' und 0 = 9“,9 übereinstimmen, so haben Avir es noch augenschein 
licher mit illusorischen Bestimmungen zu tliun, zumal auch da Avieder die 
leichter zu ermittelnde Grösse fehlerhafter geAvorden ist. — b. Ptolemäus ver 
suchte namentlich die Mondparallaxe aus ihrem Einflüsse auf die Sonnen 
finsternisse und auf die Zenitdistanzen genauer zu bestimmen, — hatte jedoch 
wegen Mangel zureichender Beobachtungsmittel nicht den gewünschten Er 
folg. — c. Johannes Rudrauff genannt Remus (Herda in Thüringen 1588? — 
Ruffach im Eisass 1632?) lebte längere Zeit als Leibarzt und Mathematicus 
des Kaisers Matthias in Wien, wurde auch auf einer Reise nach Italien mit 
Galilei persönlich bekannt. — d. Kepler kam beim Studium der Beobachtungen 
Tychos zur Überzeugung, dass die Parallaxe des Mars selbst bei dessen Oppo 
sition für die damaligen Beobachtungsmittel unmerklich sei, dass also dies für 
die Sonne noch in vermehrtem Masse der Fall sein müsse, und die Sonnen 
parallaxe somit jedenfalls nicht mehr als 1' betragen könne, — und Remus 
Avurde (vgl. seinen 1628 aus Ruffach geschriebenen Brief in Epist. Kepl.) durch 
ähnliche Betrachtungen veranlasst, die Sonnenparallaxe sogar mindestens auf 
17“ herunterzusetzen oder die Distanz der Sonne Avenigstens auf 12300 Erd 
radien zu erhöhen. Letzteres kam dann allerdings Kepler etwas zu stark vor 
und er schrieb (vgl. „Franz Dvorsky, Neues über Kepler. Prag 1880 in 8.“), 
bei Übersendung eines von Remus angefertigten Prognostikons, 1629 II 24 
aus Sagan an Albrecht v. Waldstein: „Hipparchus hat die Sonne 1200 Erd 
boden hoch in Himmel hinauff gesetzt. Ich habe 3400 Erdboden hoch daraus 
gemacht. Remus aber setzt noch 10000 Erdboden darzue, das Ihrer 14000 
werden. Das muss ich nun leiden und den Nachkommen das Urtheil überlassen, 
Avelcher es besser gemachet“. — e. Gottfried Wendelin (Herken bei Lüttich 
1580 — Renaix 1667) war erst Korrektor in Lyon, dann Advokat in Paris, 
Pfarrer in den Niederlanden, und zuletzt Canonicus in Renaix. — f. Wendelm 
machte seine Beobachtungen 1650 unter Anwendung des Fernrohrs Avährend 
einem Aufenthalte auf Majorka. -- Den 14“ entsprechen die Werte D = 14733 • r' 
und R = 64V 4 -r', deren ersterer zu Gunsten von Remus entscheidet. 
440. Die Parallaxenbestiinmung aus zwei Ständen. — 
Ein grösserer Fortschritt in der Parallaxenbestimmung wurde aller 
dings erst erzielt, als vor etwas mehr als zwei Jahrhunderten den 
Methoden von Aristarch und Hipparch, welche wir als Bestimmungen 
aus Einem Stande zusammenfassen können, solche aus Zwei Ständen 
substituiert wurden, d. h. als man anfing, nach Analogie der in der
	        
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