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— Das Fernrohr mit Fadenkreuz. —
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neuern Zeit fast nur Vorbehalten, das Material, die Anlage und die
Beleuchtung der Fadennetze nach und nach zu vervollkommnen,
was dann aber allerdings in ausgiebiger Weise gelang g .
Zu 3.11: n. Aus „Jean-Baptiste Morin (Ville-Franche in Beaujolais 1583 —
Paris 1656; erst Arzt, dann Prof. math. Paris), Longitudinum scientia. Parisiis
1634 in 4.“ geht unzweifelhaft hervor, dass schon dieser Gelehrte dem Visieren
mit dem Fernrohr nachhelfen wollte; aber da er nur „belgische“ Fernrohren
besass und diese einfach auf die, hiefiir oben etwas ausgeschnittenen, Absehen
seiner Instrumente auflegte, so kann er nur als Vorläufer dieser Neuerung,
nicht als Erfinder derselben bezeichnet werden. Die für Henrion erhobenen An
sprüche beruhen wohl nur auf dem Umstande, dass man aus dem Titel seiner
Schrift „L’usage du Mécométre. Paris 1630 in 8.“ glaubte schliessen zu dürfen,
er behandle in derselben eine mikrometrische Vorrichtung, während er nur
ein etwas abgeändertes Astrolabium beschrieb, das weder Fernrohr noch Mikro
meter besass. — b. Aus den Briefen von Will. Gascoigne an Will. Crabtree
und Will. Oughtred folgt unumstösslich, dass er nicht nur schon 1640 seine
Fernrohren mit mikrometrischen Vorrichtungen versah (391), sondern auch an
seinem Höhenquadranten ein Fernrohr anbrachte, in dessen Focus ein Haar
(hair, thread) gespannt war, welches er Nachts mit einer Lampe (a candle
in a lantern) sichtbar zu machen wusste. Vgl. „Derham, Extracts from Mr.
Gascoigne’s and Mr. Crabtree’s Letters, proving Mr. Gascoigne to have beeil
the inventor of the telescopio sights of mathematical instruments (Pli. Tr. 1717),
— Correspondence of scientific men of the 17. Century. Oxford 1841, 2 Vol.
in 8. (I 33—59), — Grant, History of physical Astronomy. London 1852 in 8.
(p. 451 f.), — etc.“ — c. Es scheint, dass die Erfindung von Gascoigne lange
.labre ausserhalb England ganz unbekannt blieb, und so dürften Francesco
Generini (Florenz 1593? — ebenda 1663; Bildhauer, Kupferstecher, Wasser
baumeister und Mechaniker), in dessen Nachlass sich (vgl. Zach in Zeitschr. f.
Astr. IV 3—10) ein „Brevissimo discorso del telescopare gli stramenti geo
metrici“ vorfand, und Cornelio Malvasia (Bologna 1603 — Pamano bei Bologna
1664; General in päpstlichen Diensten), der 1662 in seinen Ephemeriden be
hauptete, schon „lange Jahre“ ein im Focus des Fernrohrs stehendes Netz aus
Silberfaden (393) zu gebrauchen, ebenfalls ein gewisses Anrecht auf selbst
ständige Erfindung haben. — d. Adrien Auzout (Rouen 1640? — Rom 1691)
gehörte zu den ersten und vorzüglichsten Mitgliedern der Pariser Akademie,
wurde aber schon 1668 durch eine Intrigue beseitigt, worauf er in Florenz
und Rom privatisierte. — e. Ob Huygens, der (vgl. dessen „Systema Saturnium“
von 1659 und unsere 393) schon vor 1659 sein Fernrohr mit einer mikro
metrischen Vorrichtung versehen und vielleicht zu ähnlichen Zwecken auch
Faden eingezogen hatte, seiue beiden Kollegen Auzout und Picard zu einer
solchen Neuerung veranlasste, weiss man nicht genau, — gewiss ist dagegen
(vgl. „Le Monnier, Histoire céleste. Paris 1741 in 4., p. 11“ und unsere 391),
dass letztere von 1667 hinweg ihre Instrumente mit Fernröhren versahen,
welche teils Fadenkreuze, teils Mikrometer besassen, und dass sodann dieser
Gebrauch, wenigstens bei den grossem Instrumenten der Astronomen, bald
ziemlich allgemein wurde. Nur Hevel, dem es nicht recht klar geworden zu
sein scheint, dass das Fadenkreuz keineswegs ein einzelner Punkt is.t, sondern
eine sichere Visierlinie bestimmt, hielt unentwegt an seinen, ungefähr nach
Art der Bürgi’schen konstruierten, Dioptern fest, und als ihm Hooke etwa