262 — Einfluss und Bestimmung von Parallaxe und Refraktion. — 454
dennoch Mittel und Wege fand, eine ganz brauchbare Refraktions
tafel zu berechnen a .
Zu 4H4: a. Als Kepler die Refraktion in Kap. 4 seiner Schrift „Ad Vi-
tellionem Paralipomena, quibus Astronomie pars optica traditur. Francofurti
1604 in 4.“ in Behandlung nahm, ging er von der Ansicht aus, dass dieselbe
eine einfache Folge der Brechung des Lichtes in der Atmosphäre sei, be
hauptete so natürlich im Gegensätze zu Wilhelm und Tycho, dass weder Ent
fernung noch Glanz des Gestirnes Einfluss auf ihren Betrag haben werde,
somit eine und dieselbe Tafel für alle Gestirne Geltung haben müsse, auch
bis zum Zenit auszudehnen sei. Unter der vereinfachenden Annahme, dass die
Atmosphäre überall gleich dicht und somit der Weg des Lichtes durch die
selbe eine Gerade sein werde, machte er zunächst verschiedene Versuche, ein
einfaches Gesetz zu finden, welches die ihm bekannten Angaben über den Be
trag der Refraktion in verschiedenen Höhen darstelle, — blieb endlich bei der
Annahme stehen, dass, wenn e der Einfallswinkel, r die Refraktion und c eine
Constante bezeichne,
r = c • e • Se (e — r) oder c — r • Co (e — r): e 1
sei, — und ging nun in folgender Weise vor: Ist FEB der Weg des Lichtes,
a der Erdradius und h die Höhe der Atmosphäre, so
folgt aus A A B E
Si (e — r) = a • Si z: (a + h) 2
wo a = 859 M. und (223) h = 12 M. = 0,01397 • a zu
setzen ist. Hieraus ergiebt sich aber für z = 90 0 der
nach allen Erfahrungen viel zu kleine Wert e — r =
80° 29', und es muss somit geschlossen werden, dass
für die Refraktion nur eine viel niedrigere Schichte
der Atmosphäre wirksam ist. In der That erhielt
Kepler erst nachdem er versuchsweise deren Höhe auf
h = 0,00095 • a herabsetzte, den etwas plausibeln Wert
e — r==87°30'. — Zur genauem Untersuchung benutzte Kepler folgende
zwei von Tycho 1587 I 16 aus Sonnenbeobachtungen erhaltene Werte-Paare
z,=:86 0 10' r, = 14' 22" und z 2 = 89°25' r, = 31' 10"
und zwar machte er, da e — r = z — y folglich ganz bestimmt e — r<z, die
Hypothese I, es sei e 2 —r 2 = 87° 30' oder e 2 = 88° 1' 10“, — fand damit nach
1 und 2 aus der zweiten Beobachtung c = 0,00025743 und a + h = 1,000905 • a,
— sodann mit Hilfe dieser Werte nach 2 und 1 aus der ersten Beobachtung
successive e, — r, == 85° 27' 42“, e, = 85° 42' 4“, c = 0,00022107, — liess sich
durch die geringe Übereinstimmung der beiden c veranlassen, als Hypothese II
die neue Annahme e 2 — r 2 = 89° 0' oder e 2 = 89° 31' 10" zu machen, — und
fand nun bei Wiederholung der frühem Rechnung der Reihe nach die Werte
c = 0,00010127, a + h = 1,000100 • a, e, — r, = 86° 5'0“, e, = 86° 19' 22“,
c = 0,00018947, — also wieder nicht die gewünschte Übereinstimmung der
beiden c, aber nun doch eine Abweichung in entgegengesetztem Sinne, so dass
der richtige Wert zwischen seinen beiden Hypothesen liegen musste. In der
That nahm nun Kepler als Hypothese III den zwischenliegenden Wert e 2 — r 2 =
88 0 0' an, — berechnete nach der zweiten Beobachtung in früherer Weise die
neuen Werte c = 0,00020370 und a + h = 1,000578 • a, sowie zur Probe mit
denselben^die der Zenitdistanz der ersten Beobachtung entsprechende Re