Full text: Theorie der Instrumente und Messungen (3. Halbbd.)

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— Die Theorie der Instrumente. — 
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Zu 3S3: n. Die dem Zirkel verwandte Schmiege (le recipiangle, l’<5querre 
fausse) bestand aus zwei, um einen Punkt oder Kopf drehbaren Stäben oder 
Schenkeln. Beim Gebrauche wurde der Kopf ans Auge gesetzt; sodann richtete 
man die Schenkel durch Öffnen oder Schliessen auf die beiden Winkelobjekte 
und erhielt so direkt den Winkel. Letzterer wurde dann nachher in der Regel 
auf ein Brett abgetragen, — aus dem Scheitel ein beliebiger Hilfskreis be 
schrieben, — und auf diesem die durch den Winkel bestimmte Sehne in der 
Weise herumgetragen, wie es schon früher (57) auseinander gesetzt wurde. 
b. Da besonders häufig Horizontalwinkel zu messen waren, so fand man es 
später ratsam, dem Brette ein Stativ zu geben, mit dem es horizontal gestellt 
werden konnte, — die Schmiege durch ein Diopterlineal zu ersetzen, — und 
die Visierlinien direkt längs diesem zu ziehen; d. h. es entstand der sog. Mess 
tisch (die Mensel, la planchette), welcher sich bei den Geometern mit Recht 
bis in die Gegenwart erhalten hat. — Die Geschichte dieses nützlichen, aber 
eben nach und nach aus einem unansehnlichen Anfänge hervorgegangenen 
Instrumentes, lässt sich kaum mit Sicherheit feststellen; denn obselion es That- 
sache ist, dass bereits Stevin 1605 in seinen „Wisconstige Gedaclitenissen (II 30)“ 
das Princip des Messtisches aussprach, und auch das in „Schwenter, Beschreibung 
des nützlichen geometrischen Tischleins von Joh. Prsetorio erfunden. Nürnberg 
1619 in 4. (auch 1627 als Tractat III von dessen Geom. pract.)“ enthaltene 
Zeugnis, es habe sein Lehrer Johannes Prätorius (Joachimsthal 1537 — Altdorf 
1616; Mech. Nürnberg, dann Prof. math. Wittenberg und Altdorf) die nach 
ihm benannte „mensula prsetoriana“ spätestens 1611 in einer gewissen Voll 
kommenheit in die Praxis eingeführt, als durchaus glaubwürdig bezeichnet 
werden muss, so ist nicht zu vergessen, dass auch noch andere berechtigte 
Ansprüche vorhanden sind: Nicht nur geht aus „Johan Sems en Jan-Pietersz 
Dou, Practyck des Landmetens. Amsterdam 1600 in 4. (und später; auch 
deutsch durch Seb. Curtius 1616)“ ziemlich unzweifelhaft hervor, dass ver 
schiedene holländische Feldmesser schon vor Stevin einep rohen Messtisch be 
nutzten, sondern es geschah solches ohne nachweisbaren Zusammenhang nicht 
minder frühe in der Schweiz, da Leonhard Zubier (Zürich 1563 — ebenda 1609; 
Mech. und Ratsherr Zürich) in seiner „Fabrich. et usus instrumenti clioro- 
graphici, das ist newe, plauimetrische Beschreibung u. s. f. Basel 1607 in 4. 
(auch lat. durch J. C. Waser)“ angiebt, es sei ihm „nit zu wissen dass der 
gleichen einfältiges und doch nützliches Instrument in den Truck kommen“, 
sondern ihm die Idee durch Philipp Eberhard (Zürich 1563 — ebenda 1627; 
Steinmetz und Stadtdachdecker in Zürich) mitgeteilt worden, ja noch der etwas 
spätere Ardüser (vgl. 330: b), ohne etwas von Stevin und Prätorius zu wissen, 
die betreffenden Operationen auf einem mit Papier überspannten, auf einem 
Stuhl „nach dem Horizont“ gelegten Brett auszuführen lehrt. — c. Ein näheres 
Eingehen auf die* successive Ausbildung des für den Topographen noch jetzt 
unentbehrlichen Messtisches und die damit auf graphischem Wege lösbaren 
Aufgaben, unter welchen die Pothenot’sche (vgl. 67) hervorragt, wäre hier 
kaum gerechtfertigt, und es mag einzig noch folgendes beigefügt werden: 
Sucht mau, z. B. mit Hilfe der schon von Schwenter erwähnten Einlotzange, 
den über dem Scheitel des zu messenden Winkels stehenden Punkt des Tisches 
auf, — visiert von diesem nach dem einen Winkelpunkte und dann nach dem 
andern, — stellt nun durch Drehen des Tisches das Diopterlineal wieder auf 
den ersten Punkt zurück, und visiert nochmals auf den zweiten, — dreht 
dann wieder den Tisch, etc., bis nach n solchen Doppeloperationen die letzte
	        
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