30
— Die Theorie der Instrumente.
335
eingegraben werden konnten, die dem jeweilen unter A stehenden Punkte oder
Striche diametral gegenüberstanden. Waren einmal zwei, um 180° von einander
abstehende Striche vorhanden, so wurden zwischen ihnen, nahe in Abständen
von 60°, zwei neue Marken c und d angebracht und das Mikroskop B über c
aufgestellt, während A und der Reisser stehen blieben, — dann B, c, d so
lange verschoben, bis beim Drehen successive a und c, c und d, d und b je
gleichzeitig unter den beiden Fadenkreuzen standen, also die Dreiteilung des
Halbkreises vollzogen war, — worauf die Gegenstriche und sodann sie selbst
mit dem Reisser gezogen wurden. Analog operierend wurde so fortgefahren,
bis der Kreis von 10 zu 10° geteilt war, — nunmehr B auf circa 9 Ü von A
eingestellt, — wieder so lange korrigiert, bis AB in dem Bogen von 0 bis 90°
genau 10 mal enthalten war, — somit die Gradstriche 9, 18, 27, ... ein
gegraben werden konnten. Zum Schlüsse wurde B auf die Distanz 10° von A
gebracht, womit sich dann offenbar alle noch fehlenden Gradstriche erhalten
Hessen. Um die allfällig noch wünschbare Unterabteilung der Grade zu er
halten, wurde auf einem Hilfsstahe eine entsprechende geradlinige Teilung
ausgeführt, und nun dieser in solche Entfernung vom Teilkreise gebracht,
dass ein um das Centrum des letztem drehbares Fernrohr bei Drehung um 1°
von dem einen Ende des Stabes zum andern gelangte; dann stellte man das Fern
rohr auf jeden Teilpunkt des Stabes ein und zog die betreffenden Striche. —
Chaulnes sagt in seinem „Memoire“, er habe nach dieser Methode einen Kreis
von 11 Zoll Radius so genau geteilt, dass kein Strich einen Fehler von
2 Sekunden haben könne, — eine Genauigkeit, mit welcher früher kaum Kreise
von 8 bis 9 Fuss Durchmesser geteilt worden seien, auch abgesehen davon,
dass bei so grossen Kreisen die Schwierigkeit in Konstruktion und Manipulation
die scheinbare Zunahme der Genauigkeit grossenteils kompensiere. — c. Die
Vorzüge von Vollkreisen, wie solche die Methode von Chaulnes im Gegensätze
zu derjenigen von Graham für Originalteilungen förmlich fordert, wurden
mutmasslich schon durch P. Apian (vgl. dessen durch Galgemair publizierte
nachgelassene Schriften) und jedenfalls spätestens durch Römer erkannt, indem
letzterer (Mise. Berol. III 277) sagte: „Ich ziehe einen Kreis von 4 Fussen
einem Quadranten von 10 Fussen vor“. Wie sehr ferner Ramsden und seine
Schule dieselben würdigten, geht sowohl aus einem Briefe von Piazzi an
Lalande (Journ. d. Sav. 1788), als aus der Schrift „Mor. v. Brühl, On the
investigation of astronomical circles. London 1794 in 4. (deutsch in Hinden-
burgs Archiv von 1795)“ sattsam hervor, ja letzterer hatte (Berl. Jahrb. 1792)
schon 1789 aus London geschrieben: „Ein junger Künstler und Schüler des
berühmten Ramsden, William Cary, verfertiget Circul von 1—2 Schuhen, die
in Ansehung der Festigkeit, Genauigkeit der Eintheilung und leichten Be
richtigung beträchtliche Vortheile über Quadranten von gleichem und auch
grösserm Masse besitzen, und bei weitem nicht so hoch zu stehen kommen“. —
Es soll dadurch übrigens keineswegs bestritten werden, dass zu bestimmten
Zwecken oder unter besondern Verhältnissen auch der Bau von Sectoren in
Anwendung kommen darf, zumal bei solchen nötigenfalls (421) die eigentliche
Teilung ganz wegfallen kann. — d. Für weitern Detail verweise ich auf:
„John Bird, The method of dividing astronomical instruments. London 17G7
in 4. (vgl. Kästner, Astr. Abh. 2), und: The method of constructing Mural-
Qnadrant. London 17G8 in 4. (mit ersterm zusammen auch London 1785 in 4.),
— Ramsden, Description of an Engine for dividing mathematical instruments.
London 1777 in 4. (sehr selten, da die meisten Exemplare bei einem „accident“