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— Die Theorie der Instrumente. —
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nahe mit einem der Hilfsstriche übereinstimmen, dessen Wert ja leicht be
rechnet werden könne. Praktischen Wert konnte jedoch derselbe kaum be
anspruchen, da es gar nicht so leicht war, den nächsten Teilstrich auszu-
mitteln, ja dieser (vgl. Delambre III 402 f.) in manchen Fällen nicht einmal
eine grosse Annäherung darbot, — ferner dabei volle 45 verschiedene Tei
lungen auszuführen waren, von welchen manche (47, 53, 59, ...) sogar Prim
zahlen entsprachen. Es ist daher leicht zu begreifen, dass Tycho (vgl. Astr.
inst, folio A) an dem ersten Versuche, den Vorschlag von Nonius wirklich
auszuführen, mehr als genug hatte. — b. Tycho erzählt (1. c. folio G), dass
er 1564 nach der Vorschrift von Gemma einen hölzernen Radius (Jakobsstab
in 333) habe anfertigen lassen, und dass sodann sein Freund Scultetus auf
demselben nach der Methode von Johannes Hommel (Memmingen 1518 Leip
zig 1562; Prof. math. Leipzig) sog. „puncta transversalia“ angebracht habe.
Scultetus selbst aber teilt auf folio B 2 seiner Gnomonik von 1572 (vgl. 195)
nicht nur Näheres über die Methode, durch Transversalen „den Circulum in
Minuten zutheilen“ mit, sondern fügt ausdrücklich bei, dass dieselbe schon
„vor zeiten in brauch gehabt die zwene fürtrefflichen Mathematici G. Purbachius
und J. Regiomontanus“, und hiemit klappt, dass sie auch durch Christoph Pühler,
der um 1520 mit Peter Apian in Wien studierte, 1563 auf Blatt 97 seiner
Geometrie ganz klar auseinandergesetzt wurde: Man
hat nämlich nach letzterm zwei konzentrische Qua
dranten je in 90° zu teilen, sodann jeden Teilstrich
des Innern mit dem folgenden des Äussern zu ver
binden, und endlich, je nachdem man 20, 15, 12 oder
(wie in Fig.) 10 Minuten ablesen will, 2, 3, 4 oder 5
Zwischenquadranten zu ziehen. — Statt dessen kann
man auch, entsprechend dem bemerkenswerten Vor
schläge von Bürgi (vgl. Mitth. 33 von 1873), nachdem
man wie zuvor einen Teilstrich der innern Teilung
mit dem folgenden der äussern verbunden hat, von
diesem letztem auf den nunmehr folgenden der innern
übergehen, u. s. f., und sich die Zwischenkreise dadurch ersparen, dass man
auf dem beweglichen Radius eine entsprechende Teilung anbringt, — oder,
wie es Tycho wenigstens auf einzelnen seiner Instrumente ausführen liess, ein
fach da Punkte aufsetzt, wo die Biirgi’schen Zickzack-Transversalen von den
Hilfskreisen getroffen würden. — Da Thomas Digges (Bristol 1530? — London
1595; wie sein etwa 1573 verstorbener Vater Leonard, Militär) in seiner Schrift
„Alse seu scalrn mathematicae. Londini 1573 in 4.“ die Einführung der Trans
versalen dem kurz zuvor verstorbenen englischen Mechaniker Richard Chansler
zuschreibt, so ist es möglich, dass letzterer ebenfalls unabhängiger Erfinder war,
jedenfalls aber nicht Digges selbst, wie man nach „N. Lockyer, The movements
of the earth (Nature 1883)“ glauben könnte. Die Hauptsache bleibt natürlich,
dass durch die Zuhilfenahme der Transversalen die Genauigkeit der Ablesungen
wesentlich gehoben wurde und derselben ein grosser Teil der Fortschritte
gutzuschreiben ist, welche die messende Astronomie im 17. Jahrhundert machte,
— benutzte ja noch Richer bei seinen berühmten Beobachtungen in Cayenne
(441) einen 6-füssigen Oktanten, dessen direkt in Minuten geteilter kupferner
Limbus mit Hilfe von Transversalen 10“ gab. — Zum Schlüsse mag noch er
wähnt werden, dass strenge genommen, wie z. B. der spanische Instrumenten
macher Joh. Ferrerius hervorhob, und man übrigens auch in Kassel wusste,