Full text: Theorie der Instrumente und Messungen (3. Halbbd.)

365 — Die frühem Methoden zur Bestimmung der Polhöhe. — 79 
andern Mittagshöhe derselben unter Berücksichtigung ihrer Dekli 
nation 6 , — sowie zuweilen aus der Dauer des längsten Tages an 
dem betreffenden Orte e . Sodann kam spätestens bei den Arabern 
das Verfahren in Anwendung, die Polhöhe gleich dem Mittel der 
Culminationshöhen eines Circumpolarsternes zu setzen d , — und an 
dieses reihte sich bei den Schiffahrern die Übung an, die Höhe des 
Polarsternes zu messen, und an dieser je nach der gleichzeitigen 
Lage des kleinen Bären eine Korrektion anzubringen e . — Ausserdem 
wurden noch manche andere Methoden in Vorschlag gebracht, von 
deren wichtigsten die folgenden Nummern handeln werden f. 
'hu 365: a. Die altern Astronomen bestimmten meistens statt (1er Pol 
höhe ihr Komplement, die Equatorhöhe, und zwar vorzugsweise aus der halben 
Summe der beiden am Gnomone erhaltenen Solstitialhöhen, deren halbe Differenz 
ihnen (191) die Schiefe der Ekliptik ergab. So richtig jedoch theoretisch dieses 
Verfahren war, so ei zielten sie damit in der Praxis meistens zu grosse Werte, 
da bei dem gewöhnlichen (164), in eine Spitze auslaufenden Gnomone, die 
Schattenlänge nahezu dem obern Sonnenrande entsprach und auch die durch 
die Refraktion bewirkte Verkürzung des Schattens unberücksichtigt blieb. — 
b. Die an und für sich ebenso richtige und bis in das 18. Jahrhundert hinauf 
vielfach gebrauchte Methode, die Equatorhöhe dadurch zu bestimmen, dass 
man die mit dem Gnomone gemessene Mittagshöhe der Sonne um deren De 
klination verminderte, ergab in der Praxis natürlich dieselben Fehler, und da 
man überdies die in verschiedenen Zeiten und nach verschiedenen Verfahren 
erhaltenen Werte kritiklos zusammenstellte, so hatte noch Wilhelm Schickard 
(Herrenberg in Würtemberg 1592 — Tübingen 1635; Diakon zu Nürtingen und 
später Prof, matli. et Orient. Tübingen) sich in seiner Schrift „Kurze Anweisung 
wie künstliche Landtafeln auss rechtem Grund zu machen. Tübingen (posth.) 
1669 in 4.“ bitter zu beklagen, dass die verschiedenen Angaben für einen Ort 
oft bei 1° differieren „so man mit eim ungespitzten Pfal genäuer treffen sollte“. 
So gab z. B. Bartsch in seinem sonst so anerkennenswerten „Planisphserium“ 
von 1624 (vgl. 190) zwar „Tigurum Helvetise“ unter 47° 22', aber daneben 
auch „Zürich Helvetise“ unter 47° 9' Breite, — so schwankten damals die An 
gaben über die Breite von Basel zwischen 47° 10' (Solothurn) und 47° 54' 
(Freiburg i./Br.), — etc. Im 18. Jahrhundert trat eine bedeutende Verbesserung 
ein; doch fand noch Tob. Mayer, zur Zeit als er im Homan’schen Institute 
thätig war, notwendig, eine „Germanise mappa critica“ zusammenzustellen, 
welche 1750 ausgegeben wurde und in der That immer noch bedenkliche Diffe 
renzen in den Breiten aufweist, von den noch viel ärgern in den Längen hier 
nicht einmal zu sprechen. — c. Nach Hipparchs Zeugnis bestimmte schon 
Eudoxus „die Neigung des Himmels“ aus dem Verhältnis der Segmente des vom 
Horizonte geteilten Wendekreises, — also wohl indem er mit Hilfe einer Wasser 
uhr die Dauer des längsten Tages ermittelte. Wie er rechnete, wird nicht an 
gegeben: Wir würden die nach 179 bestehende Formel Tg <p = — Co s • Ct e 
benutzen, wo s den halben Tagbogen der Sonne am längsten Tage und e die 
Schiefe der Ekliptik bezeichnet. — d. Schon Aboul Hhassan kannte dieses 
Verfahren, das sich dann auch im Abendlande spätestens bei Werner, nament 
lich aber bei Landgraf Wilhelm neben der Methode der Solstitialhöhen (vgl. 
Mitth. 45 von 1878) findet, ja sogar von Andreas Schoner, der um 1559
	        
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