Full text: Lehrbuch der malerischen Perspektive mit Einschluß der Schattenkonstruktionen

§ 4. Frontlinien, Frontebenen. 25 
art, daß ihre Verlängerungen sich in einem und demselben Punkt F 
schneiden. 
Obwohl dieser Punkt F die Abbildung eines unendlich ferne zu 
denkenden, also eigentlich nicht vorhandenen Punktes vorstellt, so 
können wir denselben doch zur Herstellung der Zeichnung benützen, und 
es ist einleuchtend, daß seine Benützung 1. für die Genauigkeit der 
anzufertigenden Zeichnung und 2. für die Leichtigkeit und Schnelligkeit 
der Herstellung sehr vorteilhaft ist. — 
Mit Rücksicht darauf, daß, wie ausgeführt wurde, in natura 
parallele Linien sich im Bilde in einem Punkt — ihrem Fluchtpunkt — 
schneiden, und daß dieser das Bild der unendlich fernen Punkte der 
Parallelen vorstellt, kann man auch sagen, anstatt: parallele Linien 
im Raume schneiden sich nicht, — sie schneiden sich erst in unendlicher 
Entfernung. — 
Zur Vervollständigung unserer obigen Betrachtung ist noch 
folgendes hinzuzufügen: 
Eine gerade Linie bildet sich im allgemeinen wieder als gerade 
Linie ab. Eine Ausnahme hiervon tritt jedoch dann ein, wenn die Linie, 
nach vorne verlängert, durch das 
Auge gehen würde (Fig. 6). Dann 
fallen der Parallelstrahl und alle 
nach den einzelnen Punkten der 
Linie gezogenen S ehstrahlen mit 
der Geraden selbst zusammen und 
schneiden die Bildebene in einem 
einzigen Punkt, welcher zugleich 
auch der Spurpunkt der Geraden 
ist. Die gerade Linie bildet sich 
somit als Punkt ab. (Es ist eine be 
kannte Erscheinung, daß, wenn 
etwa ein Bogenschütze mit dem Pfeil nach meinem Auge zielt, ich den 
Pfeil als Punkt sehe. Auch läßt sich ein Stab auf seine Geradlinigkeit 
dadurch prüfen, daß man ihn mit seiner Längsrichtung in die Blick 
richtung hält; erscheint er hierbei als Punkt, so ist er geradlinig.) 
Der Punkt, in welchem sich die gerade Linie abbildet, stellt den 
Fluchtpunkt aller mit ihr parallelen Linien dar; denn sie fällt mit deren 
Parallelstrahl zusammen. 
In gleicher Weise bildet sich auch eine ebene Fläche, die — nach 
vorn erweitert gedacht — durch das Auge gehen würde, nicht wieder 
als Fläche, sondern als Linie ab. 
Fig. 6. 
§ 4. Frontlinien, Frontebenen. 
Wir wollen ein für allemal die drei Hauptrichtungen, die sich uns 
darbieten, wenn wir vor der Bildebene stehen, folgendermaßen be 
zeichnen :
	        
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