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III. Der Landmesser im Städtebau.
tumsgrenzen gesehen werden, die in der Hauptsache nach den in Kap. 1
niedergelegten Grundsätzen vorzunehmen ist. Der öffentliche Grundbesitz
ist mehr als der private unberechtigten Eingriffen aller Art ausgesetzt,
weil ihm vielfach die unmittelbare Überwachung des Eigentümers fehlt,
und darum oft die Anlieger berechtigt zu sein glauben, zu eigenem Vorteil
ungestraft die angrenzenden Gebietsteile ihres großen Nachbars benutzen
zu können.
Wo nun genaue Grenzvermarkungen oder doch wenigstens unan
fechtbare Dokumente über den Gang der rechtlichen Eigentumsgrenze
fehlen, und niemand da ist, der die Stadt von Zeit zu Zeit auf die Über
griffe ihrer Grenznachbaren aufmerksam macht, treten leicht durch un
befugte und ungehinderte Nutznießung städtischen Geländes Ersitzungen
ein, welche die Anlieger auf Kosten der Stadt bereichern, ohne daß die
Stadt später dagegen ein Rechtsmittel mit Erfolg anwenden kann. —
Darum ist die erste Pflicht eines städtischen Landmessers, sich Gewißheit
zu schaffen, ob der städtische Grundbesitz allenthalben in gehöriger und
örtlich deutlich erkennbarer Form dauerhaft vermarkt ist, und oh über
diese Vermarkung Grenzverhandlungen und Feldbücher bestehen, welche
sowohl eine genaue Wiederherstellung ermöglichen, wie eine Ersitzung
durch die Anlieger unmöglich machen. Eine solche kann nur dann niemals
stattfinden, wenn der städtische Grundbesitz in der Form, wie ihn die
beim Kataster niederzulegenden Grenzverhandlungen mit Zubehör aus-
weisen, im Grundbuche eingetragen steht. Wenn die Grenzverhand
lungen und -Vermarkungen, sowie die grundbuchlichen Eintragungen nicht
vorliegen, muß unverzüglich an die Beschaffung derselben gegangen
werden.
Um nun jedem Laien die Grenzen als diejenigen städtischen Eigen
tums kenntlich zu machen und auch einfache Arbeiter (Wald-, Straßen-
und Feldaufseher) ohne weiteres in den Stand zu setzen, das etwaige Ab
handenkommen städtischer Grenzmarken feststellen zu können, müssen diese
Marken sowohl mit dem Wappen oder einem anderen Kennzeichen der Stadt in
einfachster Form wie mit laufenden Nummern ausgestattet werden, welch
letztere zugleich die Möglichkeit geben, ohne Weitläufigkeiten den abhanden
gekommenen Punkt genau zu bezeichnen. An krummen Grenzen wird man
nur die wichtigsten Brechpunkte mit entsprechend ausgestatteten Normal
grenzsteinen sichern, während die übrigen Knickpunkte zwischen diesen
Steinen durch kräftige Eichenpfähle mit Erdkreuz und Eisennagel zu befestigen
sind, die— wenn irgend angängig — außer von der nächstliegenden Messungs
linie auch von der geraden Verbindungslinie der Steine aufgemessen werden
müssen, weil dann beim Verlorengehen der weniger standhaften Pfähle
leicht und gut eine Herstellung von den dauerhaften Steinen bezw. ihrer
unterirdischen Vermarkung her ausführbar ist. Die Pfähle müssen für