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III. Der Landmesser im Städtebau.
Was die Größe der Rieselfelder anlangt, so gilt als „landwirt
schaftliche und hygienische Norm“, daß für je 250 Einwohner 1 ha Riesel-
iläche notwendig ist, welche jährlich etwa 12000 cbm Kanalwasser zu
klären imstande ist. Die Aptierungs- und Drainagekosten belaufen sich
nach den in Berlin und Breslau gemachten Erfahrungen zusammen auf
(gemittelt) etwa 1350 M für das Hektar.
Wenn geeignete Gelände für die Anlage von Rieselfeldern fehlen
oder im Vergleich zu anderen Klärvorrichtungen zu kostspielig sein
würden, ist das Kanalwasser durch Klärbehälter zu führen, bevor es den
öffentlichen Wasserläufen übergeben wird. Die Klärung kann eine
chemische oder mechanische sein, ist aber bei den neuesten Anlagen
größerer Städte eine Vereinigung von beiden und geschieht in der
Regel durch
1. flache Becken mit intermittierendem Betriebe oder
2. langgestreckte Becken mit ständigem Betriebe oder
3. aufrechtstehende Behälter, in denen bei aufsteigendem Wasser ständiger
Betrieb ist, oder endlich
4. Kombinationen der beiden letzten Arten, wie sie hauptsächlich bei
Großstädten mit gutem Erfolge angewandt sind.
Da diese Kläranlagen den Landmesser nur sehr wenig zu beschäf
tigen pflegen, muß von einer eingehenderen Besprechung Abstand genommen
und nur hier ganz kurz eine Anlage erwähnt werden, die für große Be
triebe als mustergültig angesehen werden kann, nämlich die Wiesbadener
Kläranlage. Der Gesamtgrundriß hat eine rechteckige Form, an dessen
oberen kurzen Seite der Zulauf liegt, während sich der Auslauf an der
unteren kurzen Seite befindet. Aus dem Zuflußrohr mit Sandfang geht
das Wasser durch eine Querkammer mit Eintauchsieben in eine Reihe von
quer angeordneten Vorkammern, indem es in der Längsrichtung der Ge
samtanlage aus der ersten in die zweite Kammer über einen Überfall läuft
und aus der zweiten in die dritte durch einen Längsschlitz dicht über dem
Boden der Kammer in die Höhe steigt, um von hier aus den gleichen
Lauf in den nächsten beiden Kammern noch einmal durchzumachen.
Diese quer angeordneten Vorkammern sind in der Längsrichtung der Ge
samtanlage in 3 gleiche Systeme eingeteilt, welche sich hinter der letzten
Querkammerwand bis zur unteren Umfassungsmauer der Gesamtanlage als
Längskammern fortsetzen. Jedes der 3 Systeme kann für sich außer Be
trieb gesetzt und vom Schlamme gereinigt werden, und hat einen Wasser
inhalt von 675 cbm, der fortwährend wechselt; da außerdem ein System
immer zu Reinigungszwecken außer Betrieb ist, so hält sich das Wasser
etwa 5 Stunden im Klärbehälter auf, welchen es mit einer Geschwindig
keit von 2 mm passiert, die als Normalgeschwindigkeit für alle Kläran
lagen angesehen werden kann. In der ersten Vorkammer erhält das