Full text: Lexikon der Astronomie

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Aberration. 
Ort erblicken; alle unsre Messungen von 
Rektaszension und Deklination, Azimut 
und Höhe sind also um den Betrag der A. 
falsch. Will man nun die Koordinaten 
deS wahren Orts eines Sterns kennen, 
so mutz man von den gemessenen Größen 
den auf jede einzelne entfallenden Betrag 
der A. abziehen. Nähere Angaben hierüber 
finden sich in den Lehrbüchern der sphä 
rischen Astronomie. 
Wie man aus der Aberrationskonstan- 
ten und der Lichtgeschwindigkeit die Son- 
nenparallare finden kann, ist in 4) gezeigt 
worden ; umgekehrt läßt sich auch aus dieser 
Konstanten und der bekannten Entfernung 
der Sonne von der Erde die Lichtgeschwin 
digkeit finden. S. Lichtgeschwindigkeit. 
10) Die A., welche wir bis jetzt betrach 
tet haben, und welche eine Folge der Be 
wegung der Erde um die Sonne ist, also 
eine jährliche Periode befolgt, nennt man 
' die jährliche A. Außer ihr gibt es noch 
eine andre tägliche A., welche eine Folge 
der Rotation der Erde um ihre Achse ist. Sie 
ist viel unbedeutender als die jährliche, weil 
die Geschwindigkeit eines Punktes der Erde 
bei der täglichen Drehung um die Achse be 
trächtlichkleiner ist als die Geschwindigkeit 
iir der Bahn. Erstere ist am größten am 
Äquator, wo in Zeit von 24 Stunden — 
86,400 Sekunden ein Weg von 40,000 
Ion, also in einer Sekunde ein Weg von 
™°/üi6 km zurückgelegt wird. Setzt man 
diesen Wert statt der Erdgeschwindigkeit 
in die Gleichung (1) und nimmt für die 
Lichtgeschwindigkeit den Wert 300,000 km, 
so erhält man für die Konstante der 
täglichen A. den Wert 0,3i". Dies ist 
also die größte Ortsveränderung, die ein 
Stern infolge der täglichen A. erleiden 
kann; für einen Beobachtungspunkt in 
der geographischen Breite (p beträgt die 
selbe höchstens 0,3i". co8 (p. So wie die 
Sterne nun infolge der jährlichen A. kleine 
Ellipsen um ihren wahren Ort beschrei 
ben, so auch infolge der täglichen Rotation. 
Nur sind die Hauptachsen der letztern viel 
kleiner als die erstern, sie betragen näm 
lich in der Breite nur 0,3i". cos <p. 
11) Die Entdeckung der A. ver 
danken wir dem englischen Astronomen 
Bradley; durch sie gründete er zuerst 
seinen Ruf als ausgezeichneter Beobachter. 
Ein mit ihm befreundeter englischer Edel 
mann, Samuel Mo ly ne ur, der in 
Kew bei London eine Privatsternwarte be 
saß, stellte daselbst Beobachtungen an, um 
eine Firsternparallare zu finden, an wel 
chem Problem sich schon vorher Hooke, 
Flamsteed u. a. erfolglos versucht hat 
ten. Zu dem Zweck ließ er von Graham 
in London einen Zenithsektor von 24 Fuß 
Halbmesser anfertigen, dessen Bogen zwar 
nur 25' umfaßte, an dem man aber 
mittels eines Nonius noch einzelne Se 
kunden ablesen konnte. Mit diesem In 
strument begann er nun 3. Dez. 1725 den 
Stern y im Drachen zu beobachten, der 
unter den den: Zenith des Beobachtungs 
orts nahestehenden der hellste war. Er 
hoffte durch genaue Messung der Zenith- 
distanzen Veränderungen des OrtS deö 
Sterns aufzufinden, wie sie eintreten 
müssen, wenn derselbe sich in endlicher 
Entfernung befindet und eine angebbare 
Parallaxe hat. Die parallaktische Ver 
schiebung ist nun entgegengesetzt der Be 
wegung der Erde in ihrer Bahn, und mit 
Rücksicht auf diese Bewegung mußte der 
Stern Anfang Dezember seine nördlichste, 
ein halbes Jahr später aber seine südlichste 
Stellung einnehmen. Bradley, damals 
Professor in Oxford, nahm an diesen Be 
obachtungen teil und war sehr erstaunt, 
als er 17. Dez. eine merkliche Verschie 
bung deö Sterns nach S. fand. Als 20. 
Dez. ein weiteres Vorrücken nach S. kon 
statiert werden konnte, wurden die Be 
obachtungen eifrigst fortgesetzt, während 
Molyneur ursprünglich die Absicht gehabt 
hatte, dieselben erst nach einem halben Jahr 
wieder aufzunehmen, um aus dem nörd 
lichsten und südlichsten Orte des Sterns 
seine Parallaxe zu finden. Der Stern ging 
nun bis in den März 1726 um volle 20" 
südlich, kehrte alsdann bis in den Juni in 
seine ersteStellung zurück, ging aber dann 
weiter nördlich bis etwa 20" über den ersten 
Ort hinaus, kehrte hierauf um und erreichte 
mit südlicher Bewegung Anfang Dezem 
ber 1726 seinen ersten Ort wieder. Brad 
ley, der die Beobachtungen allein fortsetzte, 
als Molyneur durch seine Ernennung 
zum Lord der Admiralität daran verhin-
	        
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