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Aberration — Ablenkung der Lotlinie.
dert war, zog jetzt auch andre Sterne in
den Bereich seiner Untersuchung und ließ
sich zu dem Ende einen umfassendem
Zenithsektor von 12'/« Fuß Halbmesser
fertigen, der Zenithdistanzen bis zu 6V«°
abzulesen gestattete, und den er im Augnst
1727 auf dem Wohnsitz seines Oheims
Pound, Pfarrers zu Wansted in Esser,
aufstellte. Die weitern Untersuchungen
ergaben nun an allen beobachteten Ster
nen kleine Verschiebungen, die aber den
gemutmaßten parallaktischen Verschie
bungen entgegengesetzt waren. Dazu kam
noch, daß die Verschiebungen in der Länge
bei allen Sternen gleichgroß, etwa 41",
oie in der Breite aber von dem Orte des
Sterns abhängig waren. Bald erkannte
auch Bradley den wahren Grund dieser
Erscheinung, der er den Nanien A. bei
legte, wie ein an Halley erstatteter »Be
richt über eine neuentdeckte Bewegung
der Fixsterne« vom Dezember 1728 (ab
gedruckt in den »Philosophical Trans
actions« von 1728) zeigt. Der Umstand,
daß die Geschwindigkeiten des Lichts und
der Erde in ihrer Bahn in einem endlichen
Verhältnis stehen, nötigt nach seiner Auf
fassung den Beobachter, sein Fernrohr
nicht direkt nach einem Stern, sondern
in die Resultante beider Bewegungsrich-
tuirgeil einzustellen, und indem er dieses
Verhältnis gleich 10,000 : 1 sehte, erhielt
er den mit seinen Beobachtungen wohl
stimmenden Wert von 20,6" für die Aber-
rationskvnstante. Es wird erzählt, daß
eine zufällige Beobachtung ihn auf die
richtige Theorie führte. Er fuhr nämlich
eines Tags bei Regenwetter und völliger
Windstille über die'Themse; als aber das
Schiff sich in Bewegung gesetzt hatte,
wurde er zu seinem Erstaunen von vorn
vom Regen getroffen und sah sich genötigt,
in die Kajütte zu treten. Am Ufer ange
langt, überzeugte er sich von der herrschen
den Windstille. Die Bemerkung, daß hier
auf dem bewegten Schiff der Regen von
vorn zu kommen schien, während die
Tropfen in Wahrheit vertikal abwärts
sielen, soll die Deutung der optisch -astro
nomischen Erscheinung angeregt haben.
Aberration, sphärische und chro
matische, vgl.Abweichung (im optischen Sinn).
Abgekürzte Distanz, s. v. w. kurlicrte
Distanz (s. Distanz).
Abirrung des Lichts, s. Aberration.
Ablenkung der Lotlinie (Lotablen
kung), die Abweichung der Lotlinie, also
auch der Schwerkraft, von der vertikalen
Richtung oder von derjenigen in der Ebene
des Meridians gelegenen geraden Linie,
welche rechtwinkelig auf der Meridian
ellipse steht (vgl. im Art. Ellipse das
über die Normale der Ellipse Gesagte).
Dieselben Ursachen, welche der Lotlinie
eine von der vertikalen abweichende Rich
tung geben, bewirken auch, daß die Ober
fläche des stillstehenden Wassers nicht mehr
in die horizontale Ebene fällt, d. h. nicht
mehr in aller Strenge eine Berührungs
ebene für das ideelle Erdsphäroid bildet.
Denn die durch diese Oberfläche bezeich
nete Ebene bleibt immer rechtwinkelig zur
Richtung der Schwerkraft, also zur Lot
linie. Die Ursache der Lotablenkung ha
ben wir aber zu suchen in der Nachbar
schaft größerer oder besonders dichter Mas
sen, welche anziehend auf das Lot wirken.
Befindet sich beispielsweise eine solche
Masse südlich vom Lot, so wird dessen
unteres Ende nach S., das obere also nach
N. abgelenkt, und wenn man den Zenith
mit Hilfe des Lots ermittelt, so wird der
selbe dem Nordpol näher zu liegen schei
nen, als es in Wirklichkeit der Fall ist.
Eine Messung der Zenithdistanz des Nord
pols mit einem Instrument, dessen Ver
tikalachse auf solche Weise falsch gestellt ist,
wird also einen zu kleinen Wert geben, und
demnach werden wir für die Polhöhe oder-
geographische Breite einen zu großen Wert
erhalten. Ist aber die ablenkende Masse
auf der Westseite des Lots befindlich, sowird
das untere Ende des letztern nach W. hin
gezogen , der vom Lot angegebene Zenith
liegt also östlich von dem wahren, und die
Ebene, die durch diesen Zenith und den Pol
geht,liegt östlich von dem wahrenMeridian.
In einem Fernrohr, das sich in diesem
falschen Meridian bewegt, erblicken wir
daher die Sterne, ehe sie wirklich kulmi
nieren, und wenn wir aus der Kulmina
tionszeit die geographische Länge des Be
obachtungsorts bestimmen, so ergibt sich
diese zu groß in der Richtung nach O.